48 w
Im Lichte, das aus Weltenhöhen
Der Seele machtvoll fließen will,
Erscheine, lösend Seelenrätsel,
Des Weltendenkens Sicherheit,
Versammelnd seiner Strahlen Macht,
Im Menschenherzen Liebe weckend.
Zentrale Worte im Mantra: Weltendenken und Seelenrätsel
Weltendenken:
Schon das Mantra 14 N sprach vom Weltendenken. Dort naht es sich im Sinnenschein rettend, um mich, den Ichsprecher des Mantras und damit den Leser, aus dem Gedankentraum zu wecken, der mir betäubend das Selbst zu rauben scheint. Die dort wiedergegebenen Überlegungen zum Weltendenken sollen ergänzt werden durch folgende Ausführungen.
Rudolf Steiner äußert sich über Weltenrätsel und Weltendenken in Anlehnung an das Werk des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 — 1831) und dessen Art zu denken in einem Text, den er das erste Mal 1916 herausgegeben hat. Im dritten Kapitel, das die Überschrift trägt: Der deutsche Idealismus als Gedankenanschauung: Hegel schreibt Rudolf Steiner (Hervorhebungen stammen von mir und markieren die für das Mantra relevanten Stellen):
“Durch Hegel scheint in der deutschen Weltanschauungsentwickelung das «Ich denke, also bin ich» so wieder aufzuleben, wie ein Samenkorn, das in die Erde fällt, als allseitig entfalteter Baum ersteht. Denn was dieser Denker als Weltanschauung geschaffen hat, ist ein umfassendes Gedankengemälde oder gewissermaßen ein vielgliedriger Gedankenleib, der aus zahlreichen Einzelgedanken besteht, die gegenseitig sich tragen, stützen, bewegen, beleben, erleuchten. Und diese Gedanken sollen solche sein, die nicht aus den Sinneneindrücken der Außenwelt, auch nicht aus den täglichen Erlebnissen des menschlichen Gemütes stammen; sie sollen in der Seele sich offenbaren, wenn diese aus den Sinneseindrücken und Gemütserlebnissen sich heraushebt und sich zum Zuschauer des Vorgangs macht, durch den der von allem Nichtgedanklichen freie Gedanke sich zu weiteren und immer weiteren Gedanken entfaltet. Wenn die Seele diesen Vorgang in sich geschehen läßt, soll sie ihres gewöhnlichen Wesens enthoben und mit ihrem Tun in die geistig-übersinnliche Weltordnung einverwoben sein. Nicht sie denkt dann; das Weltall denkt sich in ihr; sie wird der Teilnehmer eines außermenschlichen Geschehens, in das der Mensch bloß eingesponnen ist; und sie erlebt auf diese Art in sich, was in den Tiefen der Welt wirkt und webt. Bei näherem Zusehen zeigt sich, wie bei Hegel die Weltanschauung von einem völlig anderen Gesichtspunkte aus gesucht wird als durch das Descartessche «Ich denke, also bin ich». Descartes will die Gewißheit des Seelen-Seins aus dem Denken der Seele herausholen. Bei Hegel handelt es sich darum, von dem Denken der einzelnen menschlichen Seele zunächst ganz zu schweigen, und das Leben dieser Seele so zu gestalten, daß deren Denken eine Offenbarung des Weltendenkens wird. Dann, meint Hegel, offenbart sich, was als Gedanke in allem Weltendasein lebt; und die einzelne Seele findet sich als Glied im Gedankenweben der Welt. Die Seele muß von diesem Gesichtspunkte aus sagen: Das Höchste und Tiefste, was in der Welt west und lebt, ist schaffendes Gedankenwalten, und ich finde mich als eine der Offenbarungsweisen dieses Waltens.
In der Wendung vom einzelnen Seelengedanken zum überseelischen Weltgedanken liegt der bedeutungsvolle Unterschied zwischen Hegel und Descartes. Hegel hat diese Wendung vollzogen, Descartes nicht. — Und dieser Unterschied bewirkt einen anderen, der sich auf die Ausbildung der Weltanschauungen der beiden Geister bezieht. Descartes sucht Gewißheit für die Gedanken, die der Mensch sich von der Welt bildet in dem Leben, in dem er mit seinen Sinnen und seiner Seele drinnen steht. Hegel sucht in dem Felde dieser Gedanken zunächst nicht, er sucht nach einer Gestalt des Gedankenlebens, das über diesem Felde liegt.
Ist so Hegel wohl im Gebiete des Gedankens stehengeblieben und befindet er sich dadurch in Gegensatz zu Fichte und Schelling, so tat er dies nur, weil er im Gedanken selbst die innere Kraft zu fühlen meinte, um in die übersinnlichen Reiche einzudringen. Hegel war Enthusiast gegenüber dem Erleben, das der Mensch haben kann, wenn er sich ganz der Urkraft des Gedankens hingibt. In dem Lichte des zur Idee erhobenen Gedankens entwindet sich für ihn die Seele ihres Zusammenhanges mit der Sinnenwelt. Man kann die Kraft, die in diesem Enthusiasmus Hegels liegt, empfinden, wenn man in seinen Schriften, in denen eine für viele so zurückstoßende, knorrige, ja scheinbar gräßlich abstrakte Sprache waltet, auf Stellen stößt, in denen sich oft so schön zeigt, welche Herzenstöne er finden kann für das, was er mit seinen «Abstraktionen» erlebt. Eine solche Stelle steht zum Beispiel am Schlusse seiner «Phänomenologie». Er nennt da das Wissen, das die Seele erlebt, wenn sie die Weltideen in sich walten läßt, das «absolute Wissen». Und er blickt am Schlusse dieses Werkes zurück auf die Geister, die im Entwickelungsgange der Menschheit dem Ziele dieses «absoluten Wissens» zugestrebt haben. Von seiner Zeit aus schauend, findet er diesen Geistern gegenüber die Worte: «Das Ziel, das absolute Wissen, oder der sich als Geist wissende Geist hat zu seinem Wege die Erinnerung der Geister, wie sie an ihnen selbst sind und die Organisation ihres Reichs vollbringen. Ihre Aufbewahrung nach der Seite ihres freien in der Form der Zufälligkeit erscheinenden Daseins ist die Geschichte, nach der Seite ihrer begriffenen Organisation aber die Wissenschaft des erscheinenden Wissens; beide zusammen, die begriffne Geschichte, bilden die Erinnerung und die Schädelstätte des absoluten Geistes, die Wirklichkeit, Wahrheit und Gewißheit seines Thrones, ohne den er das leblose Einsame wäre; nur — aus dem Kelche dieses Geisterreiches schäumt ihm seine Unendlichkeit.»
Dieses innerlich Kraftvolle des Gedankenlebens, das sich in sich selbst überwinden will, um in ein Reich sich zu erheben, in dem es nicht mehr selbst, sondern der unendliche Gedanke, die ewige Idee in ihm lebt, ist das Wesentliche in Hegels Suchen. Dadurch erhält bei ihm das höhere menschliche Erkenntnisstreben einen umfassenden Charakter, welcher Richtungen dieses Strebens, die oft getrennt und dadurch einseitig verlaufen, zu einem Ziele führen will. Man kann in Hegel einen reinen Denker finden, der nur durch die mystikfreie Vernunft an die Lösung der Welträtsel herantreten will. Von eisigen, abstrakten Gedanken, durch die er allein die Welt begreifen will, kann man sprechen. So wird man in ihm den trockenen, mathematisch gearteten Verstandesmenschen sehen können. — Aber wozu wird bei ihm das Leben in den Ideen der Vernunft? Zum Hingeben der Menschenseele an die in ihr waltenden übersinnlichen Weltenkräfte. Es wird zum wahren mystischen Erleben. Und es ist durchaus nicht widersinnig, in Hegels Weltanschauung Mystik zu erkennen. Man muß nur einen Sinn dafür haben, daß in Hegels Werken das an den Vernunftideen erlebt werden kann, was der Mystiker ausspricht. Es ist eine Mystik, die das Persönliche, das dem Gefühlsmystiker die Hauptsache ist und von dem er allein reden will, eben als eine persönliche Angelegenheit der Seele in sich abmacht und nur das ausspricht, wozu sich die Mystik erheben kann, wenn sie aus dem persönlichen Seelendunkel sich in die lichte Klarheit der Ideenwelt hinaufringt.
Hegels Weltanschauung hat ihre Stellung im geistigen Entwickelungsgange der Menschheit dadurch, daß sich in ihr die lichte Kraft des Gedankens aus den mystischen Tiefen der Seele heraufhebt, daß in seinem Suchen sich mystische Kraft mit gedanklicher Lichtmacht offenbaren will.” (GA 20, Vom Menschenrätsel — Ausgesprochenes und Unausgesprochenes im Denken, Schauen, Sinnen einer Reihe deutscher und österreichischer Persönlichkeiten. S. 30ff)
Seelenrätsel:
Das Mantra 28 b spricht von Lebensrätseln. Dort bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Seelenrätsel die Erkenntnisgrenzen des Menschen betreffen, Lebensrätsel dagegen die Rätsel des persönlichen Schicksals. “Von Seelenrätseln” heißt gleich ein ganzer Band der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA 21), in dem es um die Erkenntnisgrenzen und ihre Überwindung hin zu einer übersinnlichen Wahrnehmung geht, doch das Wort “Seelenrätsel” wird darin kein einziges Mal erwähnt.
Auch das folgende Zitat erwähnt das Wort “Seelenrätsel” nicht. Es scheint mir aber aufgrund mehrerer Aspekte ganz besonders zum Mantra 48 w zu gehören. Zum einen schildert es das Zusammenwirken von Licht und Wärme in der geistigen Welt und von Weltenwort und Sphärenharmonie. Hiermit sind die vier Ätherarten gemeint. Die Paare sind so gewählt, wie sie nach meiner Ansicht im Seelenkalender-Jahr sich gegenüberstehen. Der Lichtspruch 48 w gehört zum Lichtäther. Auf weitere Aspekte weise ich in eckigen Klammern im Zitat hin. Die fett hervorgehobenen Textstellen weisen auf die Aussagen hin, die ich für besonders aufschlussreich halte.
Rudolf Steiner beschreibt die 3. Stufe der Hermeseinweihung, das Schauen der Sonne um Mitternacht, folgendermaßen: „Der Ausdruck, der gestern gebraucht worden ist, <Schauen der Sonne um Mitternacht>, ist im Grunde genommen auch nur der Ausdruck für spirituelle Tatsachen und die Begegnung mit spirituellen Wesenheiten, die mit dem Sonnensein im Zusammenhang stehen Nun macht aber dieser Mensch unseres Zeitenzyklus, wenn er so in die höheren Welten hinaufkommt, gewisse Erlebnisse durch, die man nicht anders bezeichnen kann als dadurch, dass man sagt: Es erlebt der Mensch Vieles, Bedeutsames innerhalb der geistigen Welten durch einen solchen Aufstieg; aber er erlebt auch etwas, das man so bezeichnen muss, dass man sagt: er fühlt sich wie verlassen, verlassen und einsam. Er fühlt sich so, dass er sein Erleben etwa in die Worte fassen kann: Vieles, vieles schaust du hier; aber gerade dasjenige, wonach du dich jetzt, nachdem du alle diese Dinge durchgemacht hast, am allermeisten sehnen musst, das kannst du nicht erleben. -… Der Mensch der Gegenwart fühlt Schmerzliches, wenn er so hinaufgestiegen ist in die höheren Welten, fühlt trotz allen Glanzes, trotz aller Begegnung mit den hehren Wesenheiten eine ungeheure Leerheit in seinem Innern. … Da kann nun etwas eintreten – und wird in der Regel eintreten, … was vor dieser Verzweiflung zunächst schützen kann, wenn auch nicht dauernd schützen kann. Was da eintreten kann, ist so etwas wie eine Erinnerung, die in die Seele hereinkommt, oder man könnte auch sagen ein Zurückschauen in ferne Zeiten der Vergangenheit, eine Art von Lesen in der Akasha-Chronik von solchen Dingen, die längst vergangen sind. … da zeigen dir Bilder gewisse Vorgänge, die längst vergangen sind, Vorgänge, die darin bestehen, dass in vergangenen Zeiten andere Menschen aufgestiegen sind in die Welten, in welche du jetzt aufsteigen willst. … [Damals fühlten sich die Initiierten Seelen nicht (A.F.)] in denselben Welten … einsam und … verlassen … sondern [fühlten] Seligkeit, innerste Seligkeit in diesen Welten … Das kam davon her – so erkennt man weiter -, dass in jenen alten Zeiten die Seelen eben anders geartet waren, und dass sie wegen der anders gearteten Anlage das, was da geschaut wird in den höheren Welten, anders erlebten. … Was da erlebt wird, bringt einem allerdings Wesenheiten der höheren Welten vor die Seele, die aus der übersinnlichen Welt heraus an der Sinneswelt wirken. Wesenheiten, die hinter unserer Sinneswelt stehen, man schaut sie; Verhältnisse, wie sie gestern geschildert worden sind, man schaut sie allerdings. Aber wenn man alles dies zusammenzufassen versucht, was man schaut, so kann man das etwa in folgender Art charakterisieren: … Man blickt hinunter und sieht, wie aus den übersinnlichen Welten die Kräfte heruntergeschickt werden, um in den verschiedenen Reichen der Natur in der Sinneswelt die Vorgänge zu bewirken. Den ganzen Strom der Tatsachen, die zubereitet werden aus den höheren Welten heraus in die Sinneswelt hinein, schaut man. Man schaut, da man bei einem solchen Verweilen in den höheren Welten außerhalb des physischen Leibes und des Ätherleibes ist, hinunter auf seinen physischen Leib und Ätherleib, und man schaut dann auch diejenigen Kräfte im Kosmos, im ganzen geistigen Universum, welche da arbeiten am physischen Leib und Ätherleib des Menschen. Und durch das, was die Wesen tun, in deren Gemeinschaft man gekommen ist, lernt man verstehen, wie innerhalb der physischen Welt physische und ätherische Leiber zustande kommen. Recht genau lernt man das erkennen. Man lernt erkennen, wie gewisse Wesenheiten, die zum Beispiel mit der Sonne verknüpft sind, hinunterwirken in die Erdenwelt und an dem Zustandebringen des physischen und des Ätherleibes des Menschen arbeiten. Man lernt auch gewisse Wesenheiten kennen, die mit dem Mondensein verknüpft sind, und die aus dem Kosmos herunterwirken, um ebenso an dem Zustandekommen der physischen und Ätherleiber der Menschen mitzuwirken.
Dann aber kommt die große Sehnsucht, eine Sehnsucht, die ungeheuer wird für den gegenwärtigen Menschen. Das ist die Sehnsucht, etwas darüber zu erfahren, wie der astralische Leib und das Ich selber aus dem Kosmos herausgeboren sind, wie diese zustande kommen. Während man genau schauen kann, wie physischer Leib und Ätherleib aus den Kräften des Kosmos heraus zustande kommen, bleibt einem alles verschlossen, was sich darauf beziehen könnte, wie astralischer Leib und Ich des Menschen zustanden kommen. In tiefstes Dunkel und Geheimnis verhüllt sich alles, was sich auf astralischen Leib und Ich des Menschen bezieht. … Das erfuhren auch diejenigen Seelen, die ihren Aufstieg in Urzeiten, … unternahmen. Nur dass der Mensch der Gegenwart jene große Sehnsucht fühlt, von der jetzt gesprochen worden ist, und dass die Seelen der vergangenen Zeiten diese Sehnsucht nicht fühlten, weil sie noch kein Bedürfnis hatten, ihre innerste Wesenheit zu schauen, weil sie so veranlagt waren, innerste Befriedigung zu empfinden, wenn sie wahrnahmen, wie die Wesenheiten, bis zu denen sie gekommen waren, gerade an dem Aufbau des physischen Leibes und des Ätherleibes arbeiteten. Wie von der Sonne herunterwirkte wesenhaftes Geistiges, um physischen Leib und Ätherleib aufzubauen, daran hatten die Seelen in vergangenen Zeiten, wenn sie initiiert wurden, ihre höchste Befriedigung.
… In jenen alten Zeiten stellte sich dieses Arbeiten jener Wesenheiten noch anders dar; daher die Befriedigung. Jetzt in unserer Zeit stellt sich dieses Arbeiten so dar, dass man sich sagt: Wozu ist denn das ganze Herrichten des physischen Leibes und des Ätherleibes, wenn man nicht verstehen kann, was diese Hüllen in sich bergen? … Und die Zeit, auf die besonders mit diesen Erlebnissen hingewiesen ist als auf eine vergangene, das ist die Zeit, in welcher Zarathustra seine Schüler initiiert hat, hinaufgeführt, hat in die höheren Welten. … Damals, zur Zeit des Zarathustra, empfanden die zu Initiierenden das Arbeiten von Ahura Mazdao am physischen Leib und Ätherleib, und in dem Enthüllen dieser wunderbaren Geheimnisse fühlten sie Seligkeit und Befriedigung, weil sie so veranlagt waren, dass sie sich innerlich durchregt fühlten, wenn sie sahen: So entsteht das, was der Mensch haben muss als seine Hüllen, wenn er seine Erdenmission vollbringen will. In dem waren sie befriedigt.
So war die Zarathustra-Einweihung. Denn in dieser Zarathustra-Einweihung konnte man <die Sonne um Mitternacht sehen>. Das heißt, wenn man nicht auf die physische Gestalt der Sonne schaute, sondern auf die geistigen Wesenheiten, die mit dem Sonnendasein verknüpft sind, so schaute man ausgehend von der Sonne die Kräfte, die in den physischen Leib hineinspielen, man schaute, wie die Kräfte, die von der Sonne kommen, am menschlichen Haupt bilden und die verschiedenen Glieder des menschlichen Gehirns gestalten. Denn Unsinn ist es, wenn jemand glauben würde, dass ein Wunderbau, wie es das menschliche Gehirn ist, nur aus den terrestrischen Kräften heraus entstehen könnte. Da müssen die Sonnenkräfte hineinwirken. Die setzen in der verschiedensten Weise zusammen den verschiedenen Lappenbau des Gehirns über dem menschlichen Gesicht. Und nicht nur eine, sondern eine ganze Reihe von Wesenheiten wirken an diesem Aufbau des menschlichen Gehirns. <Amschaspands> nannte sie Zarathustra für seine Schüler. Sie sind die Erreger der Kräfte des Kosmos, damit der Bau des menschlichen Gehirns entstehen konnte und auch die obersten Nerven des Rückenmarks, mit Ausnahme der unteren achtundzwanzig Nervenpaare. Dann wies auch Zarathustra daraufhin, wie andere Strömungen ausgehen von Wesenheiten, die mit dem Mondensein verknüpft sind, und zeigte, wie tatsächlich wunderbar der Weltenbau sich fügt, wie von achtundzwanzig Wesensarten, <Izeds>, Strömungen ausgehen, die da erbauen das Rückenmark mit den achtundzwanzig unteren Nervensträngen. So sind physischer Leib und Ätherleib herausgebaut aus Strömungen, die da ausgehen von Weltenwesenheiten. …
Wiederum anders lebten sich in die höheren Welten die Seelen hinein, welche im alten Ägypten eingeweiht worden sind, welche zum Beispiel die Hermes-Einweihung durchgemacht haben. … Wenn sich die Seelen in der altägyptischen Zeit durch die Hermes-Einweihung hinauferhoben in die höheren Welten, dann trat natürlich auch dasjenige ein, was bei der Initiation immer eintreten muss: dass diese Seelen sich außerhalb ihres physischen und Ätherleibes fühlten, dass sie wussten, sie befinden sich jetzt innerhalb einer Welt von geistigen Tatsachen und geistigen Wesenheiten. Weit herum wurden diese Seelen dann geleitet, das heißt, ihr Schauen wurde geleitet. Es wurden ihnen die einzelnen Wesenheiten, die einzelnen Tatsachen gezeigt, wie das auch bei einer heutigen Seele der Fall sein könnte. Aber man muss sich das nicht so vorstellen, als wenn man mit physischen Füßen herumgeht, sondern das Schauen wird herumgeführt, wie wenn man mit seinem Schauen ringsum in einem weltallweiten Gebiete herumgeführt würde. [Der Seelenkalender ist aus diesem herumgeführten Schauen gestaltet und führt selbst jeden Leser Woche für Woche herum. Jeder einzelne Spruch ist eine der oben genannten Wesenheiten und Tatsachen. A.F.] …
Dann kam ein Zeitpunkt des Erlebens, wo man sich wie am Ende fühlte, gleichsam wie wenn man herumgegangen wäre in einem Lande, das ringsherum von Meer begrenzt ist, und man dann an das <Ufer> gekommen wäre. Man weiß, man ist an den äußersten Punkt gekommen, wohin man hat kommen können. Und dann erlebte man eben in der ägyptischen Initiation das, was man nicht anders als in die Worte kleiden kann: Während du mit deinem Schauen herumgeführt worden bist, in den Weltenweiten, im weltenallweiten Gebiete, hast du kennengelernt die Wesenheiten und Kräfte, von denen du dir sagen kannst, sie arbeiten an deinem physischen Leib und Ätherleib. Jetzt aber betrittst du die heiligste Stätte. Jetzt betrittst du ein Gebiet, wo du dich eigentlich vereinigt fühlst mit dem Wesenhaften, das mitarbeitet an dem in dir, was von einer Inkarnation zur anderen geht, was mitarbeitet an deinem astralischen Leib. Es ist ein bedeutsames Erleben an diesem Punkte, denn es werden gewissermaßen alle Dinge anders, wenn dieses Erleben eingetreten ist an diesem Punkt.
Es hört zum Beispiel für die allernächste Zeit bei dem Initiierten eine Möglichkeit auf: Vollständig hört die Möglichkeit auf in der Welt, in die man jetzt eingetreten ist an den Ufern des weltweiten Daseins, auf diese Weiten anwendbar zu machen seine Urteilskraft, dasjenige, was man früher hat denken können, was man früher hat ersinnen können. Kann man sich nicht all dieser physischen, irdischen Urteilskraft entäußern, kann man nicht außer acht lassen, was einen bis dahin geleitet hat, dann kann man nicht dieses Erleben haben an den Ufern des Daseins, kann sich nicht vereinigt fühlen eben mit jener Wesenheit, die da arbeitet, wenn der geistig-seelische Mensch sich der Geburt in einer neuen Inkarnation naht, sich Familie, Nation und Elternpaar aufsucht, um als geistig-seelischer Mensch sich mit einer neuen Hülle zu umkleiden. Alle die Wesenheiten, die man vorher auch kennengelernt hat und die einem erklärlich machen, wie die physischen und ätherischen Hüllen entstehen und herausgebildet werden aus dem Kosmos, alle diese Wesenheiten sind außerstande, einem zu erklären, was da für Kräfte wirken in jenem Wesenhaften, mit dem man sich jetzt verbunden fühlt, und das bauend und webend ist an der innersten astralischen Wesenheit des Menschen selber. [Hier und im folgenden Text geht es um Seelenrätsel, A.F.]. Es wird einem ganz anschaulich – und es wurde der ägyptischen Seele, die durch die Hermes-Initiation ging, ganz anschaulich -, dass jetzt, nachdem sie aus ihren Hüllen heraus ist und durchgegangen ist durch das vorhin <weltallweite Dasein> Genannte, sie sich verbunden fühlte mit einer Wesenheit. Und die Seele kann fühlen die Eigenschaften dieser Wesenheit, nur dass sie sich selber wie darinnen fühlt in diesen Eigenschaften, nicht außerhalb dieser Wesenheit. Und sie kann wissen: Diese Wesenheit ist da, ist real da; aber man ist zugleich innerhalb dieser Wesenheit. Und der erste Eindruck, den man von dieser Wesenheit bekommt, ist der, dass man sich sagt: In dieser Wesenheit ruhen ja die Kräfte, die die Seele durchtragen von einer Inkarnation zur anderen, ruhen auch die Kräfte, welche die Seele erleuchten zwischen dem Tode und der neuen Geburt.
Das alles ist da drinnen. Aber wenn dir wie geistige Weltenwärme eine Kraft entgegenweht, die eben die Seele von dem Tode zu der neuen Geburt hinüberträgt, wenn dir wie geistiges Licht entgegendringt, was die Seelen erleuchtet zwischen dem Tode und der neuen Geburt, und wenn du fühlst, wie diese Wärme und dieses Licht ausströmen von der Wesenheit, mit der du da vereinigt bist, so bist du doch jetzt in einer ganz besonderen Lage. Du hast gleichsam trinken müssen den Lethetrank, hast vergessen müssen die Kunst des Verstehens, die dich früher durch die physisch-sinnliche Welt durchgeführt hat, hast ablegen müssen deine frühere Urteilkraft, deine Intellektualität, denn die könnten dich hier nur beirren, und Neues hast du noch nicht erworben. Du stehst, indem du die Weltenwärme fühlst, die die Seele zu der neuen Geburt trägt, in dem Kräftemeer darinnen, das die Seele erleuchtet von dem Tode bis zur neuen Geburt. Du fühlst also die Kraft und das Licht, die von der Wesenheit ausgehen. Du siehst diese Wesenheit so an, als ob du gar nicht anders könntest, als sie fragen: Wer bist du? – denn nur du allein kannst mir sagen, wer du bist, und nur dann allein kann ich wissen, was mich als menschliches Innenwesen hinüberträgt von dem Tode zu der neuen Geburt. Nur dann also, wenn du es mir sagst, kann ich wissen, was mein menscheninnerstes Wesen ist! – Und stumm, schweigsam bleibt die Wesenheit, mit der man sich so verbunden weiß. Man fühlt, in ihr liegt das Tiefste, was mit einem selbst als Tiefstes verbunden ist. Der Drang entsteht nach Selbsterkenntnis, nach Wissen, was man ist – und stumm und schweigsam bleibt die Wesenheit.
Man muss dieser stummen, schweigsamen Wesenheit erst eine Weile gegenübergestanden haben, und man muss tief empfunden haben die Sehnsucht, jetzt auf eine neue Art das Weltenrätsel gelöst zu bekommen, man muss die Sehnsucht lange genug empfunden haben, das Weltenrätsel [48 w: Seelenrätsel, Weltendenkens Sicherheit, A.F.] auf eine Weise gelöst zu bekommen, wie es niemals auf der physischen Erde gelöst werden kann, man muss hereingebracht haben in diese Welt zu dieser Wesenheit die tiefe Sehnsucht als eigene Kraft, das Weltenrätsel in dieser dem physischen Dasein fremden Art gelöst zu erhalten, und ganz muss die Seele leben in der Sehnsucht, in dieser Art das Weltenrätsel gelöst zu bekommen: Dann, wen man sich vereinigt gefühlt hat mit der stummen, schweigsamen geistigen Wesenheit, mit der man vereinigt ist, und in ihr gelebt hat mit der eben geschilderten Sehnsucht nach Welträtsellösung, dann fühlt man, dass ausströmt in die geistige Wesenheit, mit der man vereinigt ist, die Kraft der eigenen Sehnsucht. Und weil dies Kraft der eigenen Rätsellöse-Sehnsucht ausströmt in die Wesenheit dieser geistigen Gestalt, gebiert nach einiger Zeit diese Wesenheit etwas, was als eine andere Wesenheit aus ihr hervorgeht. Aber es ist nicht so wie eine irdische Geburt, was da geboren wir. Man weiß auch gleich durch sein Schauen, dass es nicht wie eine irdische Geburt ist. Nein, eine irdische Geburt entsteht in der Zeit, sie tritt auf in der Zeit. Was man aber jetzt schaut, was die eben geschilderte Wesenheit gebiert, von dem weiß man: Das wird aus ihr geboren, das wurde aus ihr geboren seit uralten Zeiten – immer, und diese Geburt dauert aus uralten Zeiten bis in die Gegenwart herein fort. Man hat dieses Geborenwerden einer Wesenheit aus der anderen nur eben bisher nicht gesehen, es hat sich den Blicken bisher entzogen. Darin besteht dieses Geborenwerden, dass es eigentlich immer da ist, aber dass dadurch, dass man sich durch seine Rätsellöse-Sehnsucht dazu bereitgemacht hat, man es jetzt schaut, dass es jetzt Wahrnehmung ist in der geistigen Welt. Das weiß man. … Aus der Wesenheit, mit der du dich vereinigt hast, wurde seit uralten Zeiten immer eine Wesenheit geboren; jetzt aber wird dieses Geborenwerden der Wesenheit und die geborene Wesenheit selber für dich wahrnehmbar. [Jedes Jahr wird aus dem Jahreslauf – der schweigenden Mutter — heraus der neue Osterimpuls geboren. Die Auferstehung nennt Steiner die Ichgeburt, A.F.]
Was ich Ihnen jetzt geschildert habe, so gut es mit den Worten unserer Sprache geht, das ist das, wozu der Hermes-Initiator seine Schüler geführt hat. Und die Empfindungen, die ich Ihnen eben charakterisierte – ich möchte sagen wie mit stammelnden Worten, denn die Dinge enthalten so viel, dass die Worte unserer Sprache die Dinge nur stammelnd zum Ausdruck bringen können -, diese Empfindungen waren die Erlebnisse der sogenannten ägyptischen Isis-Einweihung. Wer die Isis-Einweihung durchmachte, sagte sich eben, wenn er an die Ufer des weltallweiten Daseins gekommen war und die Wesenheiten geschaut hatte, die zum Beispiel physischen Leib und Ätherleib konstituieren, wenn er gegenüber der schweigsamen Göttin gestanden hatte, von welcher Wärme und Licht für das Dasein des Innersten der Menschenseele ausgehen: Das ist die Isis! Das ist die stumme, die schweigsame Göttin, deren Antlitz keinem enthüllt werden kann, der nur mit sterblichen Augen schaut, deren Antlitz nur denen enthüllt werden kann, die sich durchgearbeitet haben bis zu den Ufern, die geschildert worden sind, damit sie schauen können mit jenen Augen, die von Inkarnation zu Inkarnation gehen, und die nicht mehr sterblich sind. Denn sterblichen Augen hüllt ein undurchdringlicher Schleier dies Gestalt der Isis zu!
Wenn so der zu Initiierende die Isis geschaut hatte und gelebt hatte mit der geschilderten Empfindung in der Seele, dann vernahm er das, was geschildert worden ist als Geburt. Was war diese <Geburt>? Diese Geburt vernahm er als das, was man bezeichnen kann als <in alle Räume Hinaustönen dessen, was Sphärenmusik ist>, und als das Zusammengehen der Sphärenmusiktöne mit dem, was man das Weltenwort, das schöpferische Weltenwort nennt, das die Räume durchdringt und in die Wesenheiten hineingießt alles, was so in die Wesenheiten hineingegossen werden muss, wie dann hineingegossen werden muss in den physischen Leib und Ätherleib die Seele, wenn sie durchgegangen ist durch das Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Alles, was so in die äußere physische Welt von der geistigen Welt aus hineingegossen werden muss, damit das Hineingegossene dann innerlich, seelenhaft ist, alles das wird hineingegossen von der die Räume durchtönenden Sphärenharmonie, die allmählich sich so gestaltet, dass sie vernommen werden kann – bedeutsam, innerliche Bedeutsamkeit ausdrückend – als das Weltenwort, das die Wesenheiten beseelt, die durch die Kräfte von Wärme und Licht durchlebt werden und die sich hineinergießen in diejenigen Körper, in diejenigen Leiber, die aus den göttlichen Kräften und Wesenheiten entspringen, welche man schon mit dem vorhergehenden Schauen erblicken kann.
So schaut man hinein in die Welt der Sphärenharmonie, in die Welt des Weltenwortes, so schaute man hinein in die Welt, welche die eigentliche Heimat der Menschenseele ist in der Zeit, wenn dies Menschenseele lebt zwischen dem Tode und der neuen Geburt. Was sich tief verhüllt im physischen irdischen Dasein des Menschen, was aber dann zwischen dem Tode und der neuen Geburt im Abglanze lebt des Lichtes und der Wärme, was sich aber tief verhüllt in der physischen Welt als die Welt der Sphärentöne und des Weltenwortes, das erlebte man durch die Hermes-Einweihung als geborenwerdend aus der Isis. Die Isis ist damit dann vor einem stehend, so dass sie auf der einen Seite selber dasteht, auf der anderen Seite einem geboren hat die andere Wesenheit, die man anzusprechen hat als die Weltentöne und das Weltenwort. Jetzt fühlt man sich in der Genossenschaft der Isis und des von ihr geborenen Weltenwortes. Und dieses <Weltenwort< ist zunächst die Erscheinung des Osiris. (GA 144, 3. Vortrag 5.2.1913, S. 45ff, Hervorhebungen A.F.)
Das Kreuz der Lichtsprüche und das Dreieck und das Sechseck
Die Lage der Lichtsprüche im Seelenkalender-Jahr erscheint auf den ersten Blick weniger überzeugend, als die der Krisensprüche. Die Krisensprüche vierteln das Jahr, indem sie genau in der Mitte der viermal 13 Mantren stehen. Die Lichtsprüche bilden ebenso ein Kreuz, jedoch kein rechtwinkliges. Viel später erkannte ich, dass sie das Jahr in Sechstel teilen. Da 52 nicht durch sechs teilbar ist, war mir dies lange nicht aufgefallen. Diese Teilung ist nicht mathematisch exakt, aber Bild-logisch. Werden die Lichtsprüche nicht mitgezählt, so bilden jeweils acht Wochen eine Sechseck-Seite. Die 52 Wochen teilen sich also auf in 6 x 8 = 48 Wochen, plus die 4 Lichtspruch-Wochen.
Die Lichtachsen bilden annähernd Winkel, die jeweils ein gleichseitiges Dreieck entstehen lassen
Das gleichseitige Dreieck, das zwischen den Lichtachsen oben und unten gebildet werden kann, ist ein harmonisches. Dieses spezielle Dreieck gilt als göttlich, da alle Winkel das gleiche Maß und alle Seiten die gleiche Länge aufweisen. Der Mittelpunkt des Dreiecks ist von allen Spitzen gleich weit entfernt. Sechs solcher Dreiecke bilden ein Sechseck. Die Zeichnung unten zeigt, wie die Lichtsprüche die Grundlage dieser verborgenen Struktur im Jahreskreis sind.
Die Lichtsprüche bilden die Mitte ihrer neunwöchigen Hälfte der Osterscholle
Und noch etwas wird durch die Anordnung der Lichtsprüche deutlich: Sie sind die Mitte ihrer Hälfte der Osterscholle, der zweimal neun Wochen. Jeweils vier Mantren stehen vor und nach jedem Lichtspruch der Osterscholle. Betrachte ich die Lichtsprüche als zwei Scheinwerfer, — sie thematisieren ja das Beleuchtete, — so umfassen ihre Lichtkegel genau die Osterscholle. Sie machen den Mond sozusagen sichtbar. Sind sie dadurch die Ursache für die Ausdehnung der Osterscholle und damit für die Drittelung im Jahr? Ist Fronleichnam deshalb am Donnerstag in der neunten Woche nach Ostern, weil die vollen 18 Wochen einen etwas zu großen Zeitraum umfassen, um das Jahr zu dritteln?
Die „Lichtkegel“ der Lichtsprüche 5 E und 48 W beleuchten die Osterscholle
Die „Wirkung“ der Lichtsprüche erscheint in einem noch helleren Licht, wenn die Hinweise Rudolf Steiners hinzukommen: „Ein anderes Zeichen der okkulten Schrift ist das Dreieck, das ebenfalls in den Makrokosmos eingezeichnet ist. Mikrokosmisch ist die Figur des gleichseitigen Dreiecks mit dem eingezeichneten Mittelpunkt das Symbol für das erlangte Gleichgewicht zwischen den drei Seelenkräften. Aus der Harmonisierung von Denken, Fühlen und Wollen erwächst die höhere Liebekraft.“ (GA 97, S. 212) An anderer Stelle formuliert er es so:
„Das Geheimnis dieser Mission [der Erdenmission] spricht sich dadurch aus, daß durch dieses Zusammenwirken, durch dieses Gleichgewicht der drei Kräfte [Wollen, Fühlen, Denken] das Innere tatsächlich produktiv Neues wirkt. Es wird dadurch wahrhaft ein viertes Element erzeugt zu den drei vorhergehenden, und dieses vierte Element ist das Element der Liebe. Die Liebe kann im Weltgetriebe sich nur entwickeln, wenn ein absolutes Gleichgewicht der drei in früheren Zeiten abwechselnd die Hegemonie führenden Kräfte eintritt.“ (Lit.: GA 121, S. 98ff)
Die Bienen-Vogel Darstellung — die fleißig arbeitende Seele
Seit dem frühen 4. Jahrtausend tauchen in unterschiedlichen Kulturen Stundenglas-Figuren auf. Sie werden oft tanzend dargestellt und als Dienerinnen der Göttin gedeutet. Die Göttin war die Vogelgöttin, die das Weltenei ausbrütet – die Welt erschafft. Ihre Erkennungszeichen sind das X und V, sowie drei parallele Linien. Das X‑Zeichen ist bei manchen Darstellungen fast deckungsgleich mit dem Kreuz der Lichtsprüche. Bei den Sanduhr-Figuren ist das X‑Zeichen zur Gestaltgeworden. Der Körper bildet sich aus zwei Dreiecken, die mit ihrer Spitze aufeinander stehen. Die hier abgebildete Bienen-Vogel Darstellung zeigt Insektenaugen und Fühler, Vogelfüße und “Hände” sowie drei Linien wie Schnurrhaare. Dadurch ist sie trotz verwandelter Gestalt als Vogelgöttin kenntlich bzw. als zu ihr gehörend.
Mischwesen aus Vogel und Biene (Vogelfüße und „Hände“, Bienenaugen, Fühler) als „Stundenglas-Figur“ im Seelenkalender, Höhlenmalerei, Südspanien 4. Jahrtausend
Gegenüber der Venus von Willendorf (46 u) und der Schlangengöttin (47 v) erscheint der Jahreslauf bei der Vogelgöttin um 45 Grad gedreht. Das Winter-Halbjahr ist nicht mehr unten, sondern rechts vom Betrachter, das Sommer-Halbjahr nicht mehr oben, sondern links. Ein ganz anderer Bewusstseinsraum erscheint! So wie die Lichtsprüche der Osterscholle (48 w und 5 E) das Beleuchtete beschreiben, erscheint in dieser Ausrichtung des Jahreslaufes die Seele, die sich der Welt gegenüberstellen kann. Wie eine Biene kann die Seele nun aus der bewusstwerdenden Wahrnehmung „Honig“, die Weisheit, sammeln. Die Seele kann bienenfleißig arbeiten, um inneren Reichtum zu gewinnen. Das ist nicht mehr die dem Sein hingegebene Seelenhaltung, die uns die Venus von Willendorf vorlebt. Interessanterweise tauchen die Sanduhr-Figuren in der Zeit auf, als die Menschen beginnen, Erfindungen zu machen. In der beginnenden Bronzezeit entwickelt sich der Ackerbau, die Viehzucht, das Töpferhandwerk, das Weberhandwerk, die Metallverarbeitung und auch die Erfindung des Rades fällt in diese Zeit.
Das Hexagramm — der Sechsstern
Rudolf Steiner beschreibt das Dreieck, das mit der Spitze nach unten weist als das Symbol für die göttliche Kraft, die den Menschen erschaffen hat. Es steht für seinen physischen, ätherischen und astralen Leib. Das Dreieck, dessen Spitze nach oben weist, steht für die dreifach differenzierte Seele, die Empfindungsseele, die Verstandes- oder Gemütsseele und die Bewusstseinsseele. “Die Sanduhr-Figuren” zeigen diese beiden Dreiecke so, dass sie sich nicht durchdringen. Werden sie ineinandergeschoben, bilden sie den Sechsstern, das Hexagramm. In diesem Zeichen ist ein noch fernes Ziel der Menschheit ausgedrückt.
Rudolf Steiner sagt in einem sehr frühen und unvollständig mitgeschriebenen Vortrag: “Diejenige Kraft, die in allen Menschen einheitlich lebt und die sich im Intellektuellen ausdrückt in jener großen Einheit, über die es keinen Streit geben kann, nennt man Manas. Und wenn es die Menschen so weit gebracht haben werden, daß sie nicht nur dem Verstande nach zusammenstimmen, sondern auch in ihrem Empfinden und Fühlen, in ihrem tiefsten Seelenleben harmonieren, daß sie sich finden in dem, was edel und gut ist, in Liebe sich zusammenfinden im Objektiven, im Gemeinsamen, so wie sie sich heute schon streitlos zusammenfinden in dem, daß zwei mal zwei vier und drei mal drei neun sind, dann ist die Zeit gekommen, wo die Menschen auch das Lebendige werden bemeistern können. Einigkeit, objektive Einigkeit im Empfinden und Fühlen, ein wirklich über die Menschheit ausgegossenes objektives Leben in der Liebe, das ist die Voraussetzung für die Bemeisterung des Lebendigen.
Diese Bemeisterung des Lebendigen war einmal vorhanden — so sagen diejenigen, welche im 12. Jahrhundert die Bewegung des Heiligen Gral begründet haben -, sie war vorhanden bei den Göttern, die den Kosmos schufen und sich herabsenkten, um dem Menschen die Keimanlage für diese göttlichen Kräfte zu geben, die sie selber hatten: so daß der Mensch heute ein werdender Gott ist, da sich in seinem Inneren etwas befindet, das hinaufstrebt, dahin, wo einst die Götter gestanden haben. Heute ist der Verstand, der Intellekt die herrschende Kraft; die Liebe [Buddhi, Lebensgeist] wird es in Zukunft werden, und in noch fernerer Zeit wird der Mensch die Atmastufe [Geistmensch-Stufe] erreichen. Diese Gesamtkraft (Gemeinsamkeitskraft), die dem Menschen Macht gibt über dasjenige, was durch das Kreuz symbolisiert wird, sie wird — insofern es sich um diese Kraft bei den Göttern handelt — ausgedrückt durch ein Symbol, nämlich durch das Dreieck mit der Spitze nach unten. Und insofern sich diese Kraft in der Menschennatur ausdrückt, wie sie samenhaft zu der göttlichen Kraft hinaufstrebt, wird sie symbolisiert durch ein Dreieck, dessen Spitze nach oben geht. Die Götter haben sich aus dem Menschen herausgehoben und sich von ihm entfernt; aber sie haben in ihm zurückgelassen das Dreieck, das sich in ihm weiterentwickeln wird. Dieses Dreieck ist auch das Symbol des Heiligen Gral.
Die Kraft bei den Göttern [Dreieck mit der Spitze nach unten]
Die Kraft bei den Menschen [Dreieck mit der Spitze nach oben]
Das Symbol des Heiligen Gral [sich durchdringende Dreiecke]
In der Form des Dreiecks drückte der mittelalterliche Okkultist das Symbol des Heiligen Grales aus, das Sinnbild für die Erweckung der Meisterschaft im Lebendigen. … Von der Dumpfheit geht der Mensch aus und steigt auf durch den Zweifel zu der Kraft. Dieser Pilgerweg der Seele wird ausgedrückt in der Gestalt des Parzival, der zum Heiligen Gral pilgert. Das ist eine der mannigfaltigen, tieferen Bedeutungen der Gestalt des Parzival.“ (GA 93, S. 277ff)
An anderer Stelle beschreibt Rudolf Steiner den Sechsstern, das Hexagramm, als die Strömungen im Astralleib: „Das Hexagramm entspricht Strömungen im Astralkörper, doch ist dies nicht als Linienfigur aufzufassen, sondern das Doppel-Dreieck ist nur ein Durchschnitt. (Während die Strömungen im Ätherkörper die Linien eines Pentagrammes bilden, stellt das Hexagramm den Astralkörper in ganz anderer Weise, nicht linienartig, sondern flächenhaft körperlich dar.) Wenn die Figur in ihrer senkrechten Achse gedreht wird, kommt etwa die wirkliche Figur heraus, wenn auch der waagrechte Durchschnitt nicht ganz einem Kreis entspricht (Oval). Die waagrechten Linien bilden also eigentlich eine Fläche; die obere in der Höhe der Arme, die andere in der Höhe der Kniee. Das nach unten weisende Dreieck hat es mit den Leibern zu tun: dem Astralleib (Mond), Ätherleib (Sonne), physischen Leib (Saturn- Prinzip). Das andere Dreieck mit den höheren Teilen: Empfindungsseele (Mars), Verstandesseele (Merkur) und Bewußtseinsseele, die erst im Anfang ihrer Entwicklung ist (Jupiter). Dementsprechend die Farben.
Man soll über diese Figuren und die Bedeutung ihrer Einzelheiten meditieren, um sich seines wirklichen inneren Lebens und seiner Beziehung zum Kosmos bewußt zu werden. Man wird dann eigenartige Gefühle in sich erwecken.” (Lit.: GA 264, S. 189ff)
So wie das Pentagramm, der Fünfstern von Rudolf Steiner als die Strömungen des Ätherleibs beschrieben werden und als das Zeichen des Menschen, des Mikrokosmos, so stellt der Sechsstern, das Hexagramm, das Zeichen des Makrokosmos dar.
Embryologie — Tierstufe
„Wiederum nähert sich die Embryonalentwicklung einem kritischen Zeitpunkt. Sollte die Entwicklungsdynamik, welche den Embryo während seiner zweiten Woche kennzeichnete, sich weiter fortsetzen, so würde das zu einem <Windei>, einem <äußeren Menschen> führen. In einem solchen Fall würde die Verbindung zwischen <Außen> und <Innen> (Peripherie und Zentrum) reißen; der innere Mittelpunkt – die Keimscheibe – würde sich von dem Außen lösen und verkümmern. Wenn wir von der Polarität zwischen Pflanze und Tier ausgehen, mit welcher wir uns in den obigen Abschnitten befassten, können wir beinahe vorhersagen, was nun in der embryonalen Dynamik geschehen sollte.
Ein Vorausblick zum Ende der dritten Woche gewährt uns Einsicht in diese bedeutenden Entwicklungen. Die Keimscheibe ist noch flach, jedoch gibt es jetzt einen entscheidenden Unterschied zu der Lage während der zweiten Woche. Zwischen dem Ektoderm und dem Entoderm … erscheint eine Zwischenschicht, das intraembryonale Meso(-derm). Blechschmidt bezeichnet dies als inneres Gewebe, Binnengewebe. Das Meso(-derm) ist kein Grenzgebiet, kein Epithelium, sondern es ist ein Gewebe mit einer dritten Dimension und sollte deshalb eigentlich auch nicht MesoDERM genannt werden: hier wird die Andeutung <Meso> als Begriff bevorzugt. Es besitzt die Fähigkeit, gleichzeitig Raum zu schaffen und zu verbinden. So könnte man sagen, dass die dreischichtige Keimscheibe im Gegensatz zur zweischichtigen Keimscheibe nun einen neuen Bestandteil besitzt – nämlich <Inhalt>. Ihr Vorgänger bestand nur aus Oberfläche und Umgebung; der dreischichtige Embryo hat inneren Gehalt. Dieses Meso hat sich einen Weg in die Keimscheibe gebahnt, indem es von dem Primitivstreifen her hineinwächst. Dieser Prozess begann in der Mitte der dritten Woche der Embryonalentwicklung … Es handelt sich offensichtlich um eine radikale Richtungsumkehrung. Wo hat diese neue Dynamik ihren Ursprung?
Wenn am Ende der zweiten Woche die Chorionhöhle … entstanden ist, bedeckt das sogenannte extra-embryonale Meso(-derm) die Innenseite des Ektozysts und die Außenseite des Entozysts. Das erste wird perietales (somatischen) Meso(-derm) und das letztere viszerales (splanchnisches) Meso(-derm) genannt. Der Haftstiel verbindet den <inneren Körper> (Endozyst) mit dem <äußeren Körper> (Ektozyst). Am Anfang der dritten Woche bilden sich die ersten Blutinseln (Kapillaren) innerhalb dieses extra-embryonalen Meso(-derm)s. Die Formung der Blutgefäße und des Blutes stellt die erste zweckmäßige Differenzierung des Meso(-derms) dar. Innerhalb dieses primitiven Blutgefäßsystems beginnt ein zögernder Blutstrom (noch nicht Kreislauf im Sinne eines geschlossenen Röhrensystems). Dieses Strömen wird durch die Stoffwechselprozesse an der Peripherie des Embryos, dem Trophoblast (Ektozyst), verursacht. Auch im Körper des Erwachsenen sind es die Lebensprozesse, die innerhalb der Gewebe selbst den Anstoß zur Bewegung der Flüssigkeit auf kapillarer Ebene geben; dies gleicht der Bewegung des Blutes, welche sich während der dritten Woche der embryonalen Entwicklung ereignet, wenn es anfängt, von der Peripherie zum Zentrum zu fließen. Schließlich findet die Aktivität der Stoffwechselprozesse in der Peripherie statt. Das Blut strömt vom parietalen Meso(-derm) aus durch die Kapillaren in die Richtung des Haftstiels. Anhand einer Vielfalt von Wachstumsbewegungen … hat der Haftstiel sich inzwischen zum kaudelen Ende der Keimscheibe verlagert. Dieses ursprüngliche Blut strömt dem kranialen Ende des Embryos zu, an den <Flanken> der Keimscheibe entlang, und anschließend dorsal entlang der Amnionhöhle (nur wenig) und ventral entlang dem Dottersack (etwas mehr). Aber dann gelangt es an einen Punkt, wo es nicht mehr weiter kann, und es erreicht den innersten Teil des embryonalen Körpers. Dort am zentripetalen Knotenpunkt des Blutes entsteht die Herzanlage.
Eine weitere Richtungsumkehrung erfolgt im Embryo. Bis jetzt war das Wachstum hauptsächlich nach außen gerichtet, zu diesem Zeitpunkt sehen wir eine erste Anweisung, dass der <Kreislauf> eine andere Richtung einschlägt. Das Blut fließt von der stoffwechselnden Peripherie des Trophoblasts zu einem Mittelpunkt, wo es zum Halt kommt. Wenn der Blutstrom diesen zentralen Punkt, welcher kranial in der Keimscheibe liegt, erreicht, kehrt er um. Er fließt über andere Kapillaren zur Peripherie des Trophoblasts zurück, wo er dann wieder als Gewebeflüssigkeit in die metabolischen Prozesse zurückkehrt. Dieser Umkehrpunkt, wo das Strömen zum Stillstand kommt, sich wendet und einen rhythmischen Charakter annimmt, ist das erste Anzeichen des Ursprungs des Herzens. Hier entsteht das erste wirkliche Zentrum im Embryo, welches sich von dem beinahe virtuellen, punkthaften Zentrum der zweiten Woche, worum sich alles drehte, unterscheidet. Im Gegensatz dazu haben wir hier ein wirkliches, <anatomisches> und <anwesendes> Zentrum, welches der Peripherie des äußeren Körpers gegenübersteht. Es ist das Herz. Das Herz ergibt sich sozusagen aus dem Blut, nicht umgekehrt. …. Erst gibt es das Strömen, und wo das zum Stillstand kommt, entsteht die Form. Wir haben guten Grund, das Herz als den <oberen Pol> des Blutkreislaufs zu betrachten und die Kapillaren als den <unteren Pol>. Dies entspricht den Verhältnissen, wie sie während dieser Phase innerhalb des Embryos als Ganzem bestehen. Der Trophoblast an der Außenseite ist der untere Pol, das Herz mit der Keimscheibe an der Innenseite der obere Pol.
Der Ursprung des Herzens kennzeichnet in jeder Hinsicht eine Umkehr der Dynamik innerhalb des Embryos. Wie oben schon <vorhergesagt>, wird die Entwicklungsdynamik mehr wie die des Tieres; sie richtet sich nun von außen nach innen, von der Peripherie zum Zentrum; es bildet sich eine innere Welt, die der Außenwelt gegenübersteht. Biologisch kann man es folgendermaßen ausdrücken: die Weiterentwicklung des inneren Körpers, welcher sich andernfalls von der Peripherie gelöst hätte, ist nun sichergestellt. Die Nahrung strömt von der Peripherie her zurück zum inneren Körper. Im Gefolge des Entstehens des Herzgebietes sehen wir eine große Anzahl von Entwicklungsprozessen, welche von nun an ihren Ansatzpunkt in (innerhalb!) der Keimscheibe haben. Das Wesentlichste ist die Tatsache, dass der Embryo vom kaudalen Ende her nach innen wächst. Durch den Primitivstreifen wächst <Ektoderm> dorsal in den Embryo hinein und metamorphosiert sich zu Meso(-derm). Der Embryo beendet damit sein Dasein als flache, zweiblättrige Scheibe <ohne Inhalt> und verändert sich in ein dreidimensionales Wesen, weil er nun einen wirklichen Inhalt in der Form des intra-embryonalen Meso(-derm)s hat. Alle Impulse, Organe zu formen, erwachen in diesem Meso(-derm). Wenn wir die Dynamik der Morphologie des Herzens im Embryo betrachten, können wir darin das Muster für den Entstehungsprozess aller Organe erblicken. Der Impuls entsteht erst in der Peripherie und bewegt sich dann zum Zentrum, wo er schließlich zum Halt kommt und sich in der endgültigen Form des Organs manifestiert. Die Entwicklungsdynamik bewegt sich von der Peripherie zum Zentrum.
Die Mitte der Woche deutet auf einen neuen Umkehrpunkt in der Entwicklung hin. Mehr und mehr klinische Daten haben während der letzten Jahre daran Nachdruck verliehen. Die neueste Forschung zeigt, dass mehr Schwangerschaften zu diesem Zeitpunkt abgebrochen werden als bisher angenommen wurde. Die <unbemerkte Fehlgeburt> ist ein klinisches Anzeichen für die Tatsache, dass der Embryo zu diesem Entwicklungszeitpunkt ein Hindernis zu überwinden hat. Wenn der Ursprung des Herzens nicht zustande kommt – gefolgt durch die Formung aller Organe -, dann überlebt der Embryo diese Krise nicht. Dies ist nicht bedeutungslos, wie wir unten zeigen werden. Die Prozesse währen der dritten Woche und unmittelbar danach folgen nicht geradlinig denen der zweiten Woche. Dies wird ergreifender, wenn man in Betracht zieht, was Rudolf Steiner vom Standpunkt der übersinnlichen Wahrnehmung aus über diese Phase aussprach. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, als die konventionelle Wissenschaft noch nichts über diese Phasen der menschlichen Entwicklung wusste, macht er wiederholt auf eine Umkehrung in der menschlichen Embryonalentwicklung <um den siebzehnten Tag herum> aufmerksam. Er drückte es folgendermaßen aus:
«Während das seelisch-geistige Wesen bis zu diesem Zeitpunkt mehr um seinen physischen Kern herum anwesend ist, inkarniert sich die <astrale Individualität> des Menschen nun in dem physischen Kern selbst». Mit anderen Worten, die menschliche Seele kommt <der Erde> einen Schrittnäher, und das Herz ist damit das Organ der Inkarnation.
Dieser Zusammenhang wird sogar noch deutlicher, wenn wir erkennen, dass die Dynamik, die um den siebzehnten Tag herum im Embryo entsteht, in seiner Art tierlich (alstral) ist. Erst jetzt kann von einem wirklich innerlichen Wesen die Rede sein, welches der Außenwelt gegenüberstehen und unabhängig werden kann. Gleicht das nicht genau der Dynamik, welche die Trennung zwischen Pflanze und Tier kennzeichnete …?
Die dreischichtige Keimscheibe hat nur ein erstes Anzeichen von Unabhängigkeit. Was Emanzipation und Individuation betrifft, folgt noch mehr. Sie ist noch flach und sehr offenstehend. Die Flanken, zum Beispiel, laufen glatt in die Gewebeschichten der sog. <extra>-embryonalen Hohlräume (Chorionhöhle) über. Die drei Schichten münden sozusagen in sie hinein. …
Während der dritten, aber vor allem der vierten Woche der menschlichen Embryonalentwicklung ereignet sich der Delaminationsprozess, auch Abfaltung genannt. Dieser Abfaltungsprozess, der sich durch krümmende Bewegungen charakterisiert, kennzeichnet in Bezug auf die Emanzipation einen bedeutenden Fortschritt. Die flache dreischichtige Keimscheibe faltet sich in einen ungefähr zylindrischen Embryo, wobei die Falten sich umrollen. In ventrolateraler Richtung dehnt sich das Ektoderm und mit ihm die anfangs dorsal gelegene Amnionhöhle enorm aus im Verhältnis zu dem ventral lokalisierten Dottersack, der mit dem Entoderm verbunden ist. Außer dieser sogenannten Querabfaltung findet auch eine Längsabfaltung in kraniokaudaler Richtung statt. Mit dem Erscheinen des Embryos aus seiner zweidimensionalen Ebene (Delamination bedeutet <aus der Ebene kommen>), kann nun von einem wirklichen räumlichen Außen und Innen im anatomischen Sinn die Rede sein. Die Bezeichnung Ektoderm kommt nun zu ihrem Recht: was bisher hinten (dorsal) in der flachen Scheibe war, ist jetzt außen. Folglich ist, was im Entoderm ventral war, nun innen. …
Die Bewegung, die der Embryo hier ausführt, ist eine weitere Fortsetzung der Gebärde, welche die Umkehrung am siebzehnten Tag kennzeichnet. Die Tier-/Astralgebärde wird hier vollendet. Der Embryo emanzipiert sich noch mehr von seiner Peripherie. Es ist wichtig, zu erkennen, dass dies Wachstumsgebärden und keine Muskelbewegungen sind. Der gestaltende Prozess des ganzen Körpers beteiligt sich hieran. … Man kann die Bewegung mitmachen und bis zu dem Zeitpunkt nachvollziehen, wo man bemerkt, dass man den inneren Körper sozusagen<zusammenrafft>; man kann fühlen, dass diesem <Abfalten> die Gefahr eigen ist, völlig abzuschneiden. …
Also, dazu kommt es aber noch nicht. Denn es gibt eine Stelle, wo der innere Körper nicht völlig abgeschnitten ist und bis zur Geburt offenbleibt. Diese Stelle ist der Nabel. … [Es muss] einen begleitenden Prozess geben… wobei das Herz sich <senkt>. Dies ist der sogenannte Descencus cordis: während das Herz und das kraniale Ende des Embryos (Hirnanlage) ihre Positionen austauschen, verlegt sich das Herz in die Richtung des Nabels. Am anderen Ende <steigt> der Haftstiel von kaudal zur vorderen Mitte, und erst jetzt kann man ihn wirklich als Nabelschnur bezeichnen. Und durch diese bleibt die Verbindung zwischen dem inneren und äußeren Körper erhalten. Wenigstens vorläufig….
Die Krümmungsprozesse des Embryos beim Zustandebringen einer inneren Welt mit all den Organen könnte man als weitere Folge des astralen Impulses betrachten … Das ist typisch für unser Tierwesen“ (Jaap van der Wal, Dynamische Morphologie und Embryologie 2012, Skript der Osteopathie Schule Deutschland, S. 92ff; Hervorhebungen A.F.).
Die erste Herzanlage zwischen Amnion und Dottersack vor dem Kopf der Embryonalanlage am 19. Tag (aus: J. Langman, Medizinische Embryologie, 2003)
Die ‘Kopf-Steiss-Krümmung und die Wanderung des Herzens nach innen
Stadien: 17 Tage, 21 Tage, 23 Tage, 26 Tage, Ende des ersten Monats (aus: Jaap van der Wal, s.o., S. 7)
Dieser gekrümmte Embryo mit der erst nach und nach vom Haftstiel zur Nabelschnur sich entwickelnden, dünner werdenden Verbindung erinnert sehr an die Bildung der Osterscholle.
Was erscheint im Licht des Mantras 48 w?
Das Licht kommt! Es kommt aus Weltenhöhen und fließt machtvoll. Doch halt, es will machtvoll für meine Seele fließen. Es klopft sozusagen an die Türe und wartet darauf, eingelassen zu werden. Dieses Licht bringt zur Erscheinung. Es lässt das, was es bestrahlt, hell aufleuchten. Welcher Art ist das Licht aus Weltenhöhen wohl? Es fließt machtvoll. Es ist ein machtvoller Fluss, ein großer Strom, der aus der Höhe zu Tal fließt. Im Zusammenhang mit der Sankhyaphilosophie beschreibt Rudolf Steiner eine Urflut, aus der sich stufenweise die irdischen Leiber herausbilden: “Wenn wir also den Blick hinlenken würden auf die Anfangsstadien der Evolution, so hätten wir gleichsam ein Undifferenziertes des materiellen Elementes und, untertauchend, die Vielheit der Seelen, um weitere Evolutionen durchzumachen. Das erste also, was uns als Form entgegentritt, sich noch nicht herausdifferenzierend aus dem Einheitlichen der Urflut, das ist die spirituelle Substanz selber, die im Ausgangspunkt der Evolution liegt. Das Nächste, was dann heraustritt, womit die Seele sich individuell schon umkleiden kann, ist die Buddhi. Wenn wir uns also denken eine Seele umkleidet mit der Urflutsubstanz, so unterscheidet sich diese Seelenäußerung noch nicht von dem allgemein wogenden Element der Urflut. Indem sich die Seele nicht nur hüllt in dieses erste Dasein der allgemein wogenden Urflut, sondern in das, was als nächstes hervorgehen kann, kann sie sich hüllen in die Buddhi. Das dritte Element, das sich herausformt, wodurch dann die Seelen immer individueller und individueller werden können, ist Ahamkara [Ich-Macher, A.F.]. Das sind immer niedrigere und niedrigere Gestaltungen der Urmaterie. Wir haben also die Urmaterie, deren nächste Form, die Buddhi und wiederum eine nächste Form, Ahamkara. Eine nächste Form ist Manas [Verstand, A.F.], eine nächste Form sind die Sinnesorgane, eine nächste Form die feineren Elemente und die letzte Form die stofflichen Elemente, die wir in der physischen Umgebung haben. So haben wir sozusagen eine Evolutionslinie im Sinne der Sankhyaphilosophie. Oben ist das übersinnlichste Element einer spirituellen Urflut, und immer mehr und mehr sich verdichtend geht es bis zu dem, was wir um uns haben in den groben Elementen, aus denen auch der grobe menschliche Leib auferbaut ist.” (GA 142, Die Bhagavad Gita und die Paulusbriefe, S. 17ff; Hervorhebungen A.F.)
Die Weisheit strömt durch alles, was ins Leben drängt vom Himmel auf die Erde. Das Licht aus Weltenhöhen ist Weisheitslicht. Dieser Strom der himmlischen Wasser ist zunächst ein kalter Strom, ein geistiges Gebirgswasser. Das Licht will für die Seele fließen. Doch ob dieser Licht-Strom auch im Bewusstsein ankommt, daran hat der Mensch Anteil. Die Seele muss sozusagen von seiner Mündung im Menschen hinaufschauen zur Quelle, um das Licht aus Weltenhöhen auch zu empfangen.
Was bringt dieses Weisheitslicht aus Weltenhöhen nun zur Erscheinung? Was wird sichtbar? Das Mantra sagt, die Sicherheit des Weltendenkens möge darin erscheinen. Das Weltendenken, das jedes Geschöpf ausgedacht und dadurch zunächst als Idee denkend erschaffen hat, besitzt Sicherheit, Schaffenssicherheit. Das Weltendenken weiß, wie das Schneeglöckchen oder die Biene gebildet werden müssen, damit sie lebensfähig und Teil des großen ökologischen Zusammenhanges der Erde sein können. Im Betrachten des Schneeglöckchens oder der Biene kann ich mir als Mensch das in der Welt wirkende Weltendenken bewusst machen. Dadurch erscheint es in meinem Bewusstsein.
“Weltendenken” erzeugt ein Umkreis-Bild. Es vermittelt, dass die Gedanken aus der Welt auf den Menschen zu kommen. Die Blüte übermittelt z.B. den Gedanken des Kreises, das Haus der Schnecke den der Spirale und die Kante eines Kristalls den Gedanken des Winkels und der Geraden. Das gegenteilige geschieht, wenn die Gedanken vorrangig aus dem Menschen kommen, wenn er sich selber etwas aus-denkt. Letzteres unterliegt der Gefahr der Willkür und ist deshalb mit Unsicherheit und Zweifeln behaftet.
Erfasst der Mensch die Welt und sein Leben nur mit dem irdisch logischen Denken des Intellekts, der die Wahrnehmungen nur materialistisch deutet, bleiben viele Fragen rätselhaft. Das Mantra spricht von Seelenrätseln, die das Weltendenken löst, wenn es erschienen ist. Um welche Rätsel könnte es sich da handeln? Ich denke an die Fragen nach den Erkenntnisgrenzen des Menschen. Und ich denke an die großen Fragen des Daseins: an das Woher und Wohin des Menschen, wenn die Begrenzung auf das Leben in einem physischen Körper überwunden wird — und damit in Zusammenhang stehend an die Fragen an das Schicksal, nach dessen Sinnhaftigkeit. Auf all diese Fragen kann der Intellekt, wie er gegenwärtig wirkt, keine Antwort geben. Sie bleiben Seelenrätsel.
Erscheint nun im Bewusstsein die Sicherheit des Weltendenkens umflossen vom Licht, das alles Leben auf die Erde führt, gibt es auch für den Menschen die Möglichkeit, seine Seelenrätsel zu lösen. Das Weltendenken schenkt Sicherheit. Diese Sicherheit erkenne ich im holistischen Denken wieder. Dieses Denken wird auch hermetisches Denken genannt, weil es durch die Erklärung des einen mit dem anderen in sich abgeschlossen ist. Es ist das alte Mysterien-Denken, das mit einigen wenigen Grundannahmen (so oben wie unten; so innen wie außen; so im Großen wie im Kleinen) durch Analogie-Bildung zu Erkenntnissen kommt. So wurde in den Mysterien die Sicherheit der Erkenntnis der geistigen Welt gewonnen.
Wenn der Mensch sich als Spiegel der Welt erlebt, bzw. die Welt als Spiegel seiner selbst, oder anders gesagt, als Mikrokosmos der makrokosmischen Welt, so kann er an allem, was er in der Welt beobachtet und erkennt auch Erkenntnis über sich selber gewinnen. Der Jahreslauf stellt dem Menschen das große Werden und Vergehen vor die Seele. Alle Geheimnisse der Seele sind in dessen Gliederungen, insbesondere von Tag, Woche, Monat und Jahr enthalten. Sie leuchten der menschlichen Vernunft ein, sofern es geling, sie aus den Phänomenen heraus zu lesen. Das Weltendenken ist in den Erscheinungen der Welt enthalten — möge es dem Menschen erscheinen, möge er in der Lage sein, es darin wahr-zunehmen.
Nachdem die Sicherheit des Weltendenkens erschienen ist, fließt das Licht aus Weltenhöhen weiter. Es fließt ins Herz und versammelt die ganze Macht seiner Strahlen dort. Warum? Das Verstehen der Rätsel des Lebens ist eben nicht genug. Die Konsequenzen des Verstandenen müssen auch gefühlt werden. Nur so wirkt es sich im Leben aus. Im Englischen sagt man: learning by heart – und meint damit das Auswendiglernen. Nur was im Herzen ankommt, wird zum seelischen Eigentum.
So wie das Herz in der Embryonalentwicklung zunächst oberhalb des Kopfes gebildet wird und dann nach innen wächst, muss auch das Licht aus Weltenhöhen nach innen fließen — sich im Herzen sammeln. Im Herzen weckt das Licht aus Weltenhöhen die Liebe. Sie ist da und schläft wie Dornröschen. Der Prinz, der verstehende Geist, kann sie wecken. Es ist so, dass nur das, was wirklich vom verstehenden Geist gesehen und erkannt wurde, wegen sich selber geliebt werden kann. Ohne dieses wirkliche Begreifen des Anderen gilt die Liebe nur der eigenen Vorstellung bzw. gründet auf dem eigenen Nutzen.
Das Licht aus Weltenhöhen strömt von oben herab, lässt das Weltendenken erscheinen und strömt weiter ins Herz. Es versammelt die ganze Macht seiner Strahlen dort – vielleicht so, wie das Wasser der Flüsse sich im Meer sammelt und dort zur Ruhe kommt. Aus dieser Ruhe erwacht etwas Neues. Es wird geweckt, gerade so wie wir sagen, dass die Erde von der Sonne im Frühling geweckt wird. Im Herzen wird vom Licht aus der Höhe die Liebe geweckt. Die Liebe ist eine warme Kraft. Sie strahlt vom Herzen als ihrem Mittelpunkt aus. Sie kann brennen wie Feuer und leuchten und wärmen wie die Sonne. Die Liebe erhebt, was als Strom der Weisheit auf die Erde geströmt ist, was sich inkarniert hat — und dadurch sterblich wurde. Die Liebe hebt es wieder hinauf, so wie die Sonne das Wasser verdunsten und wieder aufsteigen lässt.
Ergänzung
Das Einziehen des Christus-Impulses in die Seele
Rudolf Steiner beschreibt das Einziehen des Ichs, des Christus-Impulses in die Seele ähnlich dem im Mantra geschilderten Prozess. Das Licht kommt von außen, aus Weltenhöhen, dann sammelt es sich im Herzen und wird zur Liebe. Diese strahlt von innen nach außen. Rudolf Steiner sagt über das Ich: „Das, was nach dem Mysterium von Golgatha der Mensch in sich selber als den Christus-Impuls zu suchen hatte, das er zu finden hatte im Sinne der Paulinischen Form: «Nicht ich, sondern der Christus in mir», das mußte er vor dem Mysterium von Golgatha nach außen suchen, das mußte er so suchen, als ob es ihm aus den Weltenweiten wie eine Offenbarung hereinkäme. Und je weiter wir im Zeitenlauf zurückgehen, desto glanzvoller, desto impulsiver war die äußere Offenbarung. Man kann also sagen: In den Zeiten vor dem Mysterium von Golgatha ist eine gewisse Offenbarung an die Menschheit vorhanden, eine Offenbarung an die Menschheit, die so geschieht, wie wenn der Sonnenschein von außen einen Gegenstand bestrahlt. Wie wenn das Licht von außen auf diesen Gegenstand fällt, so fiel das Licht der geistigen Sonne von außen auf die Seele des Menschen und überleuchtete sie.
Nach dem Mysterium von Golgatha können wir das, was in der Seele wirkt als Christus-Impuls, also als das geistige Sonnenlicht, so vergleichen, daß wir sagen: Es ist, wie wenn wir einen selbstleuchtenden Körper vor uns hätten, der sein Licht von innen ausstrahlt. Dann wird uns, wenn wir die Sache so betrachten, die Tatsache des Mysteriums von Golgatha zu einer bedeutsamen Grenze der Menschheitsentwickelung, dann wird uns dieses Mysterium von Golgatha zu einer Grenze. Wir können das ganze Verhältnis symbolisch darstellen.
Wenn uns dieser Kreis (links) die menschliche Seele bedeutet, so können wir sagen: Das Geisteslicht strahlt von allen Seiten von außen an diese menschliche Seele heran. Dann kommt das Mysterium von Golgatha, und nach ihm hat die Seele in sich selber den Christus-Impuls und strahlt aus sich heraus dasjenige, was in dem Christus-Impuls enthalten ist (rechts).
Wie ein Tropfen, der von allen Seiten bestrahlt wird und in dieser Bestrahlung erglänzt, so erscheint uns die Seele vor dem Christus-Impuls. Wie eine Flamme, die innerlich leuchtet und ihr Licht ausstrahlt, so erscheint uns die Seele nach dem Mysterium von Golgatha, wenn sie in die Lage gekommen ist, den Christus-Impuls aufzunehmen.“ (Steiner, GA 142, Die Bhagavad Gita und die Paulusbriefe, 4. Vortrag 31.12.1912, S. 81ff).