Die spiegelnden Mantren 17 Q und 36 k
17 Q
Es spricht das Weltenwort, Das ich durch Sinnestore In Seelengründe durfte führen: Erfülle deine Geistestiefen Mit meinen Weltenweiten Zu finden einstens mich in dir. |
36 k
In meines Wesens Tiefen spricht Zur Offenbarung drängend Geheimnisvoll das Weltenwort: Erfülle deiner Arbeit Ziele Mit meinem Geisteslichte, Zu opfern dich durch mich. |
Die Weltenwort-Sprüche — das Kind, das Maria rechts oder links trägt
Zwei Mantren beinhalten eine wörtliche Rede des Weltenwortes. Es sind die spiegelnden Mantren 17 Q und 36 k. Betrachte ich den Seelenkalender in der Ei-Orientierung, dem das Weib der Apokalypse bzw. die Maria auf der Mondsichel im Strahlenkranz zugrunde liegt, so befinden sich die beiden Weltenwort-Mantren rechts bzw. links auf der Höhe, wo das Kind der Maria zu erwarten ist. Da das Weltenwort, der Logos, eine Bezeichnung für Christus als Schöpfergott ist, betrachte ich diese beiden Mantren als Repräsentanten des Christkindes. Und tatsächlich gibt es für die Madonna keine Festlegung, auf welcher Seite sie ihr Kind trägt. Sie kann es auf dem rechten oder linken Arm halten.
Ganz anders ist es bei Isis mit dem Horuskind, der vorchristlichen göttlichen Mutter. Über die ganze alte ägyptische Kultur hinweg wurde Isis mit Horus stets auf die gleiche Weise dargestellt. Während Isis frontal den Betrachter anschaut, sitzt Horus im Profil auf ihrer linken Seite. Vom Betrachter aus ist sein Kopf rechts, sein Blick und Körper gehen nach links. Dadurch deuten Isis und Horus ein Kreuz an. Auch für die Pieta, die Mutter Maria mit dem Leichnam des Gekreuzigten auf dem Schoß, gibt es eine Darstellungstradition, wenn sie auch weniger streng eingehalten wurde wie bei der Isis mit Horus. Meist sitzt Maria frontal und hält Jesu Leib so, dass sein Kopf auf ihrer rechten Seite ist. Vom Betrachter aus ist Jesu Kopf links, sein Körper geht nach rechts und bildet mit der Mutter ein Kreuz. Hängt sein Arm herab, wird die Kreuzassoziation noch verstärkt. Damit halten Isis und die Pieta ihren Sohn jeweils spiegelbildlich.
Isis ist die Vorverkünderin der Christgeburt. Sie trägt ihr Kind auf die Erde. Die Pieta ist die Mutter des Auferstehenden. Sie “trägt” ihren Sohn wieder hinauf bzw. vermittelt den Menschen das Verständnis des Auferstandenen. Madonnen mit dem Kind auf ihrer rechten Seite (siehe unten, linke Madonna) halten den Sohn öfter so, dass seine Beine ein Kreuz bilden, die Kreuzigung antizipierend. Folge ich dem Sonnenlauf, der in dieser Jahreslauf-Darstellung im Winter-Halbjahr absteigt, im Sommer-Halbjahr aufsteigt, so erscheint Isis als die absteigende Mutter des Winter-Halbjahres, die Pieta als die aufsteigende Mutter des Sommer-Halbjahres.
Die Weltenwort-Mantren — das Kind, das die Madonna rechts oder links tragen kann — es weist einmal voraus auf die Pieta mit dem Gekreuzigten das andere Mal zurück auf die Isis mit Horus.
Außen: käufliche Madonnen
Innen: Pieta von Michelangelo (1498–1500) und Isis mit Horus (Spätzeit, 664–332 v. Chr.)
Betrachte ich den Inhalt der Weltenwort Mantren 17 Q und 36 k, stellt sich die Beziehung der Kunstwerke zu den Mantren anders dar. Im Mantra 17 Q klingt die vorchristliche Situation an: “Zu finden einstens [in Zukunft] mich in dir.” Hier spricht das Weltenwort, das zwar durch die Sinnestore bereits in die Seele eingezogen ist, jedoch erst in Zukunft gefunden, erkannt werden kann. Hier spricht Horus, Sohn der Isis. Im Mantra 36 k ist dagegen das Selbstopfer Thema, dessen großes Vorbild Christi Kreuzigung ist: “Zu opfern dich durch mich.” Hier spricht das Weltenwort, das zur Offenbarung drängt, der Auferstandene. Waren Horus und Christus in der Darstellung oben sozusagen die äußere Sonne auf ihrer Kreisbahn, so stellen sie sich jetzt als die Sonne dar, die im Zentrum des Jahreskreises steht und ihn erschafft. Der Kopf des Horus und des Gekreuzigten, ihr sonnenhaftes Bewusstsein, kann jeweils als diese Zentrumssonne betrachtet werden. Dann gleicht ihr Leib einem Strahl dieser Sonne.
Horus als das Weltenwortmantra 17 Q und Jesus Christus als das Weltenwortmantra 36 k — Ihr Leib ein Strahl ausgehend von der Sonne im Zentrum des Jahreskreises
Isis mit Horus (siehe oben), Vesperbild (Pieta) aus der St. Pankratius Kirche in Sundern-Stockum
Isis gebiert das Weltenwort, wie Rudolf Steiner ausführt (siehe unten). Sie ist die Zeit, die das Leben trägt und hervorbringt. Maria hält dagegen den verstorbenen Sohn auf dem Schoß. Hier geht es um das, was die Seele durch Absterbeprozesse bekommt – um das Bewusstsein.
In der ersten Abbildung stand die Mutter im Zentrum, das Kind rechts oder links von ihr. In der zweiten Abbildung geht der Sohn sonnengleich als Strahl aus dem Zentrum hervor, die Mutter erscheint als das Halbjahr, in dem sie nun abgebildet ist.
Isis und das Weltenwort
Rudolf Steiner sagt über die Isis und ihr berühmtes, verschleiertes Bildnis zu Sais: “Sie [die Isis] sagt ja, wer sie ist: Ich bin die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft, — und das bezieht sich eben darauf, daß sie vermitteln soll die Geheimnisse von der Zeit, weil das, was aus der Zeit in den Raum hereinfließt, wiederum der Osirispriester vermitteln soll. Er soll das Zeitliche in das Räumliche hereintragen. Er soll in Gedanken aufnehmen das, was aus der Seele kommt, die gewissermaßen eingeschaltet ist in das Weltenall und seinen Gang: die Isisoffenbarungen.” (GA 171, S. 193)
An anderer Stelle erzählt er sehr anschaulich, wie in der alten ägyptischen Einweihung erlebt wurde, wie Isis das Weltenwort gebiert. Hier ein Ausschnitt: “Und die Empfindungen … waren die Erlebnisse der sogenannten ägyptischen Isis-Einweihung. Wer die Isis-Einweihung durchmachte, sagte sich eben, wenn er an die Ufer des weltallweiten Daseins gekommen war und die Wesenheiten geschaut hatte, die zum Beispiel physischen Leib und Ätherleib konstituieren, wenn er gegenüber der schweigsamen Göttin gestanden hatte, von welcher Wärme und Licht für das Dasein des Innersten der Menschenseele ausgehen: Das ist die Isis! Das ist die stumme, die schweigsame Göttin, deren Antlitz keinem enthüllt werden kann, der nur mit sterblichen Augen schaut, deren Antlitz nur denen enthüllt werden kann, die sich durchgearbeitet haben bis zu den Ufern, die geschildert worden sind, damit sie schauen können mit jenen Augen, die von Inkarnation zu Inkarnation gehen, und die nicht mehr sterblich sind. Denn sterblichen Augen hüllt ein undurchdringlicher Schleier dies Gestalt der Isis zu!
Wenn so der zu Initiierende die Isis geschaut hatte und gelebt hatte mit der geschilderten Empfindung in der Seele, dann vernahm er das, was geschildert worden ist als Geburt. Was war diese <Geburt>? Diese Geburt vernahm er als das, was man bezeichnen kann als <in alle Räume Hinaustönen dessen, was Sphärenmusik ist>, und als das Zusammengehen der Sphärenmusiktöne mit dem, was man das Weltenwort, das schöpferische Weltenwort nennt, das die Räume durchdringt und in die Wesenheiten hineingießt alles, was so in die Wesenheiten hineingegossen werden muss, wie dann hineingegossen werden muss in den physischen Leib und Ätherleib die Seele, wenn sie durchgegangen ist durch das Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Alles, was so in die äußere physische Welt von der geistigen Welt aus hineingegossen werden muss, damit das Hineingegossene dann innerlich, seelenhaft ist, alles das wird hineingegossen von der die Räume durchtönenden Sphärenharmonie, die allmählich sich so gestaltet, dass sie vernommen werden kann – bedeutsam, innerliche Bedeutsamkeit ausdrückend – als das Weltenwort, das die Wesenheiten beseelt, die durch die Kräfte von Wärme und Licht durchlebt werden und die sich hineinergießen in diejenigen Körper, in diejenigen Leiber, die aus den göttlichen Kräften und Wesenheiten entspringen, welche man schon mit dem vorhergehenden Schauen erblicken kann.
So schaut man hinein in die Welt der Sphärenharmonie, in die Welt des Weltenwortes, so schaute man hinein in die Welt, welche die eigentliche Heimat der Menschenseele ist in der Zeit, wenn diese Menschenseele lebt zwischen dem Tode und der neuen Geburt. Was sich tief verhüllt im physischen irdischen Dasein des Menschen, was aber dann zwischen dem Tode und der neuen Geburt im Abglanze lebt des Lichtes und der Wärme, was sich aber tief verhüllt in der physischen Welt als die Welt der Sphärentöne und des Weltenwortes, das erlebte man durch die Hermes-Einweihung als geborenwerdend aus der Isis. Die Isis ist damit dann vor einem stehend, so dass sie auf der einen Seite selber dasteht, auf der anderen Seite einem geboren hat die andere Wesenheit, die man anzusprechen hat als die Weltentöne und das Weltenwort. Jetzt fühlt man sich in der Genossenschaft der Isis und des von ihr geborenen Weltenwortes. Und dieses <Weltenwort> ist zunächst die Erscheinung des Osiris.
Was dargestellt worden ist, begründete also, dass der ägyptische Eingeweihte Weltenwort und Weltentöne als die Erklärer seiner eigenen Wesenheit in der spirituellen Welt traf.” (GA 144, 3. Vortrag 5.2.1913, Hervorhebung fett A.F.)
Osiris ist der Gemahl der Isis, also der Vater des Horus. Da Isis laut Rudolf Steiner das Weltenwort gebiert, sehe ich im Weltenwort nicht nur Osiris, sondern auch Horus, zumal dieser in der ägyptischen Mythologie — nach vielen Kämpfen — den Thron des Osiris erbt.
Über die Spiegelsprüche 17 Q und 36 k
Die Mantren 17 Q und 36 k sind Spiegelsprüche, doch im Gegensatz zu den meisten anderen Spiegelsprüchen, deren grammatische Entsprechungen zum Ende hin seltener werden oder ganz aufhören, spiegeln die Weltenwort-Mantren erst im zweiten Teil, in den Zeilen, in denen das Weltenwort selber spricht.
Die Mantren 17 Q und 36 k liegen an einer Grenze. Sie sind in der geschichteten Drittelung des Jahres die “obersten” Mantren des Sonnenbereichs. Unterhalb des Sonnenbereichs liegt der Mondbereich, die Osterscholle, darüber schließt sich der Sternbereich an. So wie der Mondbereich den Willensbereich der Seele darstellt, der Sonnenbereich den Fühl-Bereich, so steht der Sternbereich für das Denken. Die Mantren 17 Q und 36 k sind mit diesem Sternbereich in Berührung, sie grenzen an denselben und sprechen sozusagen aus, was im Sternbereich erdacht wurde.
Beide Mantren schildern zunächst aus der Sicht eines wachen Ich-Sprechers die Situation, dann folgt die direkte Rede des Weltenwortes. In beiden Mantren spricht das Weltenwort im Innern, doch im Mantra 17 Q wird gesagt, wie es dort hineingekommen ist, im Mantra 36 k drängt es zur Offenbarung — also hinaus. Dadurch liegt den Mantren eine gegensätzliche Bewegung zugrunde.
Im Mantra 17 Q ist das Weltenwort durch Sinnestore in die Seelengründe geführt werden. Der Ich-Sprecher beschreibt, dass er das Weltenwort dorthin führen durfte. Das Weltenwort ist also durch die Wahrnehmung in das Innere gekommen — in die Seelengründe. Die Sinnesorgane erlaubten es dem Ich-Sprecher, sie waren funktionsfähig gebildet, sodass die Wahrnehmung mitfühlend seelisch erlebt werden konnte. Jedes Erlebnis, jede Wahrnehmung, die nicht dauerhaft im Bewusstsein gehalten wird, sinkt auf den Grund der Seele. Sie wird vergessen, doch die Seelengründe bewahren sie auf. Dort wirkt sie weiter — dort spricht das durch die Sinne aufgenommene Weltenwort.
Das Weltenwort ist die hinter der Wahrnehmungswelt liegende Weisheit, die Logoskraft, die göttliche “Logik” der Schöpfung. Durch die Wahrnehmung nimmt der Mensch diese immanente Weisheit auf. Nur weil alles von Weisheit durchwebt ist, kann sie vom Menschen erkannt werden — kann sie als Verstand im Menschen wirken. Der unbewusst sich vollziehende Aufbau der Begriffe in der Sprachentwicklung ist ein Beispiel dafür. Dann beginnt das Weltenwort zu ihm zu “sprechen”, dann leuchtet der Sinn anfänglich hinter der Erscheinung auf.
Nur was im “Licht” erscheint, sich offenbart, ist für die Sinne wahrnehmbar. Rudolf Steiner sagt über das Sonnenlicht: “Auf den Strahlungen, die die Taten der zweiten Hierarchie (Kyriotetes, Dynamis und Exusiai bzw. Elohim) sind, werden alle sinnlichen Eindrücke getragen, die auf den Menschen ausgeübt werden können, alle die Eindrücke, die während des Tages im Wachen an unsere Sinne herankommen. So daß wir in einem gewissen Sinne richtig sprechen, wenn wir sagen: In und durch und hinter dem Wirken des Sonnenhaften im Umkreise unseres physisch-sinnlichen Daseins steht die übersinnliche Welt der zweiten Hierarchie.“ (Lit.: GA 236, S. 275f) Die im Mantra 17 Q folgende wörtliche Rede des Weltenwortes ist also ihre gemeinsame Sprache.
Im Mantra 36 k erlebt der Ich-Sprecher das Weltenwort in den Tiefen seines Wesens. Dort drängt es zur Offenbarung. Es will sprechend in Erscheinung treten. Nicht die Stimme der eigenen Wünsche erlebt der Ich-Sprecher, sondern das Weltenwort, das drängt und geheimnisvoll spricht. Ich erlebe in diesem Weltenwort die Stimme des Gewissens — eine Stimme, die nach Ausgleich ruft für all die Gaben der Welt, die der Mensch wahrnehmend, den Leib aufbauend, ihn ernährend empfangen hat.
In beiden Mantren ruft das Weltenwort den Menschen dazu auf, etwas in sich zu erfüllen. Im Mantra 17 Q, des frisch durch die Sinne aufgenommenen Weltenwortes, sollen die eigenen Geistestiefen erfüllt werden, im Mantra 36 k, des nach Offenbarung drängenden Weltenwortes, sollen die Ziele der eigenen Arbeit erfüllt werden.
Bevor ich darauf eingehe, sollen die drei verschiedenen Begriffe des “Unten” betrachtet werden, die sich in den Mantren finden: die Seelengründe und Geistestiefen im Mantra 17 Q sowie die Tiefen des eigenen Wesens im Mantra 36 k. Alle drei Begriffe stehen in der Mehrzahl. Im dreigliedrigen Menschenbild von Körper, Seele und Geist stehen Körper und Geist als sich entsprechende Gegensätze gegenüber. Die Seele vermittelt zwischen beiden. Setze ich die Tiefen des Wesens für den (geistigen) Körper, die unteilbare Einheit der geistigen Identität, so bilden sie das Körper-Pendant zu den Geistestiefen. Sie meinen dann die Tiefen und Höhen der Inkarnations- und Exkarnationsbewegung. Zwischen den Tiefen des Wesens und Geistestiefen stehen dann vermittelnd die Seelengründe. Werden die Gründe nicht räumlich verstanden (am Grund des Meeres), sondern als zugrunde liegende Ursachen — Seelenursachen — so können damit die Begründungen der drei Seelenfähigkeiten gemeint sein. Das mit der Wahrnehmung aufgenommene Weltenwort betrifft im Erleben das Fühlen, im Bewusstsein das Denken und im Bedürfnis zu reagieren den Willen.
Im Seelenkalender tritt der Begriff der Geistestiefen, die im Mantra 17 Q erfüllt werden sollen, insgesamt sechsmal auf. Neben dem Weltenwort-Mantra 17 Q findet er sich in drei Lichtsprüchen, 5 E, 22 V, 31 e, im Krisenspruch 46 u und im Mantra 40 o (siehe dort). Wie ein Würfel mit sechs Flächen auf jeder dieser Flächen liegen kann, ist jede Geistestiefe eine andere Qualität der Tiefe, eine andere Richtung des geistigen Raumes. In den Sagen der Juden wird erzählt, dass Adam sechs Dinge genommen wurden, als er aus dem Paradies fiel: “Sechs Dinge waren es, die Adam genommen wurden, nachdem er Sünde getan hatte, und diese sind: sein Leuchten, sein Wuchs, das ewige Leben, die Früchte der Erde, die Früchte des Baumes, der Sonne großer Schein. Aber all dies wird in den Tagen des Messias wieder in die Welt kommen.” (Sagen der Juden, 1962, Inselverlag, S. 74) In jeder Geistestiefe fehlt also etwas und muss neu gewonnen werden. Die sechs Dinge könnten folgendes bedeuten: das eigene Leuchten — die ausstrahlende kleine Sonne des Bewusstseins, Geistesgegenwärtigkeit und Hellsichtigkeit; der Sonne großer Schein — Jahreslauf-Weisheit und göttliche Wirksamkeit der Geist-Sonne im Jahreskreis; sein Wuchs — die lineare Zeit und Entwicklungsfähigkeit des Menschen; das ewige Leben — in der zyklischen Zeit das Urbild des Menschen und der Ewigkeit erkennen; die Früchte der Erde — die eigenen Erkenntnisse aus Wahrnehmung und Denken, das vom Menschen zu erschaffende “Brot der Erde”, das das Brot des Lebens ist; die Früchte des Baumes — die Früchte des Ich-Baumes, der Ätherisation des Blutes, der Verwandlung von Leben in Bewusstsein, von “Körper” in “Kopf” und damit von Karma-Erkenntnis .
Die sechs heiligen verlorenen Güter Adams und die sechs Geistestiefen
Im Mantra 17 Q soll der Ich-Sprecher seine Geistestiefen mit den Weltenweiten des Weltenwortes erfüllen. Er soll sie durchstrahlen lassen, weiten lassen vom großen Schein der Sonne, der großen Sonnen-Aura des kosmischen Sonnenwesens, des Christus, des Schöpfergottes durch alle Zeiten. Der Jahreskreis ist Urbild aller Entwicklung — der äußeren und inneren. Er ist auch Urbild des geistigen Raumes, des kosmischen und des seelischen Innenraumes. Rudolf Steiner lässt den Christus nach seiner Auferstehung folgendes zu den Jüngern sprechen: „Die physische Wissenschaft spricht von einer Bewegung der Sonne. Sie kann das. Denn man kann ja innerhalb des Raumesbildes, das uns als Kosmos umgibt, an gewissen Erscheinungen sehen, daß die Sonne in Bewegung ist. Aber es ist eben nur das in den Raum hereinragende Abbild der Sonnenbewegung. Und wenn man von der wirklichen Sonne spricht, so ist es einfach ein Unsinn, zu sagen, die Sonne bewegt sich im Raume. Weil der Raum von der Sonne ausgestrahlt wird! Die Sonne strahlt nicht nur das Licht aus, die Sonne macht auch den Raum. Und die Bewegung der Sonne selber ist nur innerhalb des Raumes eine räumliche; außerhalb des Raumes ist sie eine zeitliche. … Ja, seinen intimen Jüngern hat der Christus gesagt: Sehet hin auf das Leben der Erde. Es ist verwandt mit dem Leben des Kosmos. Insofern ihr schaut auf die Erde und den umliegenden Kosmos, ist es der Vater, der dieses Weltenall durchlebt. Der Vatergott ist der Gott des Raumes. Ich aber habe euch zu künden, daß ich von der Sonne gekommen bin, von der Zeit, von der Zeit, die den Menschen nur aufnimmt, wenn er stirbt. Ich habe euch mich selbst gebracht aus der Zeit heraus. Nehmet ihr mich auf, sagte der Christus, so nehmet ihr die Zeit auf und verfallt nicht dem Raume.” (GA 236 S. 249)
Das Ziel ist es, sagt das Weltenwort im Mantra 17 Q dem Ich-Sprecher, das Weltenwort selbst in sich zu finden. Doch das ist nicht jetzt, sondern erst einst möglich. Warum das? Die kleine Sonne des Bewusstseins leuchtet in jedem Menschen. Die kann er sofort finden. Doch die große Sonne scheint erst im Tod auf. Im Tableau der Lebensrückschau, hinter dem vollendeten Leben leuchtet sie als dessen Schöpfer.
Im Mantra 36 k spricht das Weltenwort aus den Tiefen des menschlichen Wesens. Hier kann das Weltenwort ebenso als Sonne angesehen werden — als seine in Gegenwärtigkeit ausstrahlende Bewusstseinssonne. Rudolf Steiner sagt: “Aber indem man dieses empfindet, das Göttliche in sich, das göttliche Weltenfeuer als das Wesen des Menschen aus ihm herausflammend, … dann bringt das hervor in dem Menschen das innere Erleben des Geist-Erstrahlenden, zu dem der Mensch berufen ist im Weltenall.” (GA 236, 250f) Und dieses Weltenwort verlangt, die eigenen Ziele, das, wofür der Mensch arbeitet und sich bemüht, mit dem Geisteslicht des Weltenwortes zu erfüllen. Der Mensch soll nicht für leibliche, egoistische Ziele arbeiten, nicht Zielen nachstreben ohne höheren, geistigen Sinn. Er soll auf Ziele hinarbeiten, die dem Weltenwort entsprechen, die im Sinne des Weltenwortes, des Schöpfer des Lebens sind. Das Weltenwort ruft den Menschen auf, Mitschöpfer zu werden. Und dafür ist es nötig, den Weg dieses Schöpfers selber zu gehen — sich zu opfern wie Christus sich am Kreuz für die Menschheit geopfert hat. Die eigene Egoität muss dafür überwunden werden. Paulus drückt es so aus: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“
– (Gal 2,20 LUT)
Die Geistestiefen (17 Q) spiegeln kontrastierend mit den Zeilen der Arbeit (36 k), die Weltenweiten (17 Q) mit dem Geisteslichte (36 k). Das erste Paar gehört zum Ich-Sprecher, es sind seine Geistestiefen und seine Arbeitsziele. Das zweite Paar, die Weltenweiten und das Geisteslicht, gehören zum Weltenwort. Menschlich-geistiges soll sich mit Weltenwort-weltlichem erfüllen (17 Q), menschlich-weltliches (Arbeitsziele) mit Weltenwort-geistigem (36 k). Mensch und Weltenwort sind innerhalb der Mantren gegensätzlich aufeinander bezogen. Die letzte Zeile zeigt die sich ergänzende Gegensätzlichkeit beider Mantren. Im Mantra 17 Q soll der Ich-Sprecher finden, im Mantra 36 k opfern. Im Mantra 17 Q soll er das Weltenwort in sich finden, im Mantra 36 k soll er sich durch das Weltenwort opfern.
Im Mantra 17 Q spricht der “große” Sonnengeist, der im Begriff ist, in den Menschen bis in sein Erkennen einzuziehen. Im Mantra 36 k spricht der “kleine” Sonnengeist, der sich im Menschen offenbart. Doch nur hier kann er seinen wahren Namen kundtun: „Kein äußerer Name kann «mich», dieses Wesen, benennen; ein ganz anderer Name nur kann das ausdrücken: «Ich bin der Ich-bin!» Es gibt keine Möglichkeit, woanders den Namen zu finden des Sonnengeistes als in dem Menschen. Das, was als Ich im Menschen lebt, das ist das Christus-Wesen.“ (Rudolf Steiner, GA 109, S. 154)
Ergänzung: Pfingsten und die zehnte Hierarchie
Das Pfingstfest ist in besonderer Weise mit dem Weltenwort verbunden. Es wird der Jüngerschar mit Maria von außen zuteil in Gestalt der Feuerzungen, wie es das Mantra 17 Q schildert und es spricht aus dem Innern, wie es im Mantra 36 k geschieht. Rudolf Steiner beschreibt, dass das Pfingstereignis aus dem Leid, aus der Verlassenheit nach der Himmelfahrt erst möglich wurde, denn die äußere Christuswahrnehmung musste eine innerliche werden — das sagen die beiden Mantren: “Wahre, tiefe Erkenntnis wird aus dem Leid geboren. Und aus dem Leid, das aus dem Himmelfahrtsfeste für die Jünger Christi sich ergeben hat, aus diesem tiefen Seelenleide ist das Pfingstmysterium herausgewachsen. Für das äußere instinktive Hellsehen der Jünger schwand der Anblick Christi dahin. Im Inneren ging ihnen die Kraft des Christus auf. Der Christus hatte ihnen den Geist gesandt, der ihrer Seele möglich machte, sein Christus-Dasein in ihrem Inneren zu erfühlen. Das gab dem ersten Pfingstfest in der Menschheitsentwickelung seinen Inhalt. Es folgte auf das Himmelfahrtsfest das Pfingstfest. Der Christus, der für den äußeren hellseherischen Anblick, wie er als Erbschaft den Jüngern aus alten Zeiten der Menschheitsentwicklung geblieben ist, verschwunden war, trat am Pfingstfeste in dem innerlichen Erleben der Jünger auf. Die feurigen Zungen sind nichts anderes als das Aufleben des inneren Christus in den Seelen seiner Schüler, in den Seelen seiner Jünger. Das Pfingstfest musste sich mit innerer Notwendigkeit an das Himmelfahrtsfest anschließen.” (GA 226, S. 96f)
Fragt man sich, warum mit der Auferstehung, der Himmelfahrt und Pfingsten jeweils genaue Tagesabstände angegeben sind, so kann sich folgende innere Notwendigkeit für das Pfingstfest daraus ergeben: 40 Tage weilte der Christus als Auferstandener lehrend bei den Jüngern. Das auf die Himmelfahrt folgende Leid dauerte zehn Tage bis zum Pfingstfest. Doch vor der Auferstehung trugen die Jünger ebenso Leid, denn Jesus Christus war durch seine Kreuzigung und Grablegung auch hier nicht anwesend. Sehe ich ab von der Tradition die Zeit bis zur Auferstehung mit drei Tagen zu bezeichnen (es sind drei Tage betroffen) und schaue nach den Wochentagen, so sind es zwei: Karfreitag und Karsamstag, in denen die Jünger so verlassen waren wie nach der Himmelfahrt. Betrachte ich diese insgesamt 52 Tage nun im Jahreskreis als Wochen, so ist es ein vollständiger Zyklus.
Auch die 12 und die 40 Tage sind symbolisch bedeutsame Zahlen: die 12 Tage der Einsamkeit weisen durch die Zwölfzahl auf die 12 Nachtstunden bzw. einen ganzen Umlauf der Uhr. Sie deuten auf Bewusstseinsentstehung aus der Dunkelheit — gleich dem Sonnenaufgang. Die 40 Tage, in denen der Auferstandene ätherisch den Jüngern erlebbar war korrespondieren mit den 40 Tagen, die Jesus Christus nach seiner Taufe im Jordan in der Wüste in Einsamkeit verbrachte, um die Versucher zu überwinden. Die 40 weist durch die 40 Wochen der Schwangerschaft auf einen Leibbildungsprozess.
52 Tage von der Kreuzigung bis Pfingsten — ein vollständiger Jahreskreis — ein neues Weltenwort
Rudolf Steiner beschreibt den Christus zutiefst mit der Zeit verbunden: “Indem wir zur Sonne hinaufblicken, müssen wir an dem Sonnenschein die für das Räumliche verborgene Zeit erblicken. Im Inneren der Sonne ist die Zeit. Und aus dieser im Inneren der Sonne webenden Zeit heraus ist der Christus in den Raum hineingekommen auf die Erde. Und was haben wir nun in dem Christus auf der Erde? Wir haben in dem Christus auf der Erde dasjenige, was sich von außerhalb des Raumes mit der Erde verbindet, was von außerhalb kommt.
… Da kam der Christus und brachte den Menschen wiederum das Zeitliche. Und indem sich das Menschenherz, die Menschenseele, der Menschengeist mit dem Christus verbinden, gewinnen sie wiederum den Strom der Zeit von Ewigkeit zu Ewigkeit.” (GA 236, S. 246ff)
Die Jünger erkannten den Christus als die große Sonne im Zentrum des Jahreskreises, als die sinnerschaffende Macht, das Wort, das im Fortgang der Zeit, der Isis-Maira wirkt. Sie erlebten in der auf Erden sich ausprägenden Zeit das Urbild der Zeit-Raum, Seelenraum und schließlich irdischen Raum erschaffenden geistigen Sonne.
Die Darstellungen der Isis, der Madonna und Pieta drücken diese geistige Sonne auf ihre Art aus. Sie sind aus pfingstlichem Bewusstsein hervorgegangen — sie sind bildlich lesbares Weltenwort.
Und noch etwas: Mit dem nächsten Spiegelspruch-Paar wird der Sonnenbereich verlassen und der Sternbereich betreten. Im Vorblick auf die bis Michaeli folgenden neun weiteren Mantren — neun Stufen von in Beziehung stehenden Mantren, können die Weltenwort-Mantren als die zehnte Stufe — die “Menschen-Stufe” angesehen werden. Die folgenden Stufen im Sternbereich können in Beziehung gesetzt werden mit den neun himmlischen Hierarchien.
Der Sternbereich entspricht der Krone des Weibes in der Apokalypse und der Seelenfähigkeit des Denkens. Eine Krone drückt das aus, was über dem Menschen ist, denn sie wird auf dem Kopf getragen — sie ist nicht der Kopf. So zeigt die Krone, was in das Denken hineinleuchtet. Das Denken ist dazu veranlagt, das Höhere, den Himmel zu spiegeln — so auch die neun Engelhierarchien in den kommenden Spiegelspruch-Paaren. Und durch diesen Gedanken werden die Weltenwort-Mantren 17 Q und 36 k als zehnte Hierarchie sichtbar. In ihnen spricht sich nicht nur der Gottessohn, die göttliche Schöpfermacht der großen Sonne aus, sondern auch der Menschensohn, die kleine Sonne des ausstrahlenden Bewusstseins. Das Sonnewerden des Menschen ist der Weg, zur zehnten himmlischen Hierarchie aufzusteigen, das Ziel der Menschheitsentwicklung zu erreichen.