Das “J” — Der Buchstabe ohne Spruch

Die Mantren des See­lenkalen­ders tra­gen regel­haft in der Über­schrift sowohl eine Zahl, die ihren Platz im Jahreskreis angibt als auch einen Buch­staben. Da es 52 Wochen im Jahr gibt, führen die 26 Buch­staben zweimal durch das Alpha­bet und teilen das Jahr dadurch in zwei Hälften, in ein Som­mer-Hal­b­jahr mit großen Buch­staben und ein Win­ter-Hal­b­jahr mit kleinen Buch­staben. (Rudolf Stein­er hat­te ursprünglich einen Quer­strich über die Buch­staben des zweit­en Alpha­betes geset­zt, doch das ist tech­nisch schw­er umzuset­zen.) Die Rei­hen­folge, mit der die Buch­staben den Mantren zuge­ord­net sind, richtet sich streng nach dem Alpha­bet. Doch es gibt in jedem Hal­b­jahr zwei Ausnahmen.

Die erste Unregelmäßigkeit bet­rifft den Buch­staben J. Das J, das an zehn­ter Stelle im Alpha­bet ste­ht und deshalb beim zehn­ten Mantra zu erwarten wäre, ste­ht dort nicht. Dieses Mantra heißt 10 K und im Win­ter-Hal­b­jahr fol­gt auf 35 i sofort 36 k. Das J wird in bei­den Hal­b­jahren über­sprun­gen. Im ganzen See­lenkalen­der gibt es in den Über­schriften der Mantren kein J.

Warum? Warum gibt es für das J kein Mantra?

Vor ein­er Antwort will ich noch genauer die Phänomene schildern. Kurz nach dem über­sprun­genen J fol­gt die zweite Aus­nahme. Nur zwei Mantren später, nach 10 K und 11 L, wird im Som­mer-Hal­b­jahr die Pas­sung von Zahl und Buch­stabe wieder hergestellt, denn das zwölfte Mantra hat keinen Buch­staben. Vom Mantra 13 M an tra­gen die Mantren wieder den Buch­staben, der im Alpha­bet an der numerischen Stelle ste­ht. Im Win­ter-Hal­b­jahr ist dies anders. Da geschieht diese Kor­rek­tur erst beim vor­let­zten Mantra. (Um deut­lich zu machen, dass der Buch­stabe nicht vergessen ist, füge ich den Mantren ohne Buch­staben ein Aus­rufeze­ichen hinzu.) Die Mantren 12 ! und 51 ! haben also keinen Buch­staben und deshalb auch keinen Gegen­spruch. (Mehr dazu hier) Doch für das fehlende J kön­nen die buch­staben­losen Mantren nicht als Ursache ange­se­hen werden.

Der Ort, an dem das J im Som­mer-Hal­b­jahr des See­lenkalen­ders ste­hen würde, ist die Gren­ze zwis­chen dem Mond der Oster­scholle und dem Son­nen­bere­ich des Jahres, denn mit der Fron­le­ich­namswoche 9 I endet die Osterzeit und mit dem Mantra 10 K begin­nt die Son­nen­zeit. Ist das J also bildlich gesprochen in den “Abgrund” gefall­en zwis­chen diesen unter­schiedlichen Zeit Qual­itäten? Und markiert der Ver­lust des J im Win­ter-Hal­b­jahr eben­so einen “Abgrund”? Hier ist die Gren­ze zwis­chen dem herb­stlichen Stern­bere­ich und dem Son­nen­bere­ich, wenn der Jahres­lauf als Ei mit drei übere­inan­der ange­ord­neten Ebe­nen betra­chtet wird.

Im phönizis­chen und hebräis­chen Alpha­bet ste­ht das J eben­so an zehn­ter Stelle wie im lateinis­chen, das der See­lenkalen­der ver­wen­det. Das J wurde mit Jahve, Jeho­va ver­bun­den, dessen Namen nie­mand aussprechen durfte. Schwebt Jahve also als das über­sprun­gene J über den bei­den “Abgrün­den” im See­lenkalen­der? Sind die “Abgründe” als das Urchaos anzuse­hen, über denen Gott brü­tend schwebte, bevor die Schöp­fung anhob und das Licht geschaf­fen wurde? (Gen­e­sis) Das kön­nte eine Idee sein.

In den bei­den mit gle­ichem Buch­staben in der Über­schrift ver­bun­de­nen Mantren erweist sich dieser Buch­stabe immer wieder als Schlüs­sel, um die im Mantra aus­ge­drück­te Schöpfer­kraft zu ver­ste­hen. Der Laut, der zum jew­eili­gen Buch­staben der Über­schrift gehört, zeigt sein Wesen in zwei Mantren, den Gegen­sprüchen. Er zeigt dadurch zwei “Gesichter” seines Wesens. Seine Schöpfer­kraft ist im Mantra imma­nent vorhan­den. Der ganze Jahreskreis der Mantren wird dadurch erleb­bar als ein großes Schöpferwort. Diese Tat­sache fordert Antwort auf die Frage, warum das J kein Man­ta bzw. kein Mantren-Paar hat, in dem es seine Qual­itäten dar­lebt, so wie es alle anderen Buch­staben des Alpha­bets tun. Welche Qual­itäten sind also mit dem J seit Anbe­ginn der Schrift ver­bun­den? Was sagen die ver­schiede­nen alten Alphabete?

Eine Ahnung von der absichtsvollen Bedeu­tung genau dieser Zahl-Buch­staben-Zuord­nung, wie sie der See­lenkalen­der aufweist, ver­mit­telt die Tat­sache, dass es in der Chymis­chen Hochzeit, einem wichti­gen Buch der Rosenkreuzer, genau diese Beson­der­heit­en der Zahl-Buch­staben Codierun­gen gibt. Auch hier müssen das J und dann die Zahl Zwölf über­sprun­gen wer­den, soll die angegebene Lösung rech­ner­isch stimmen.

Das J ist ein soge­nan­nter Hal­b­vokal. Es ist die kon­so­nan­tis­che Vari­ante des I. Deshalb gilt das, was für das I (9 I — 35 i) gesagt wurde, mod­i­fiziert auch für das J. Zum Unter­schied von Vokal und Kon­so­nant sagt Rudolf Stein­er: “… alles Vokalis­che [geht] darauf aus …, das Innere des Men­schen zu beze­ich­nen. Alles Kon­so­nan­tis­che [geht darauf aus] …, die äußeren Vorgänge, die man sieht, oder son­st wahrn­immt, nachzu­bilden. Immer das­jenige, was der Men­sch perzip­iert, drückt sich im Kon­so­nan­tisieren aus, im Vokalisieren die inneren Erleb­nisse, Gefüh­le, Emo­tio­nen und der­gle­ichen.” (Lit.: Beiträge zur Rudolf Stein­er Gesam­taus­gabe Nr. 53, S. 24)

Im I, so sagt Rudolf Stein­er, drückt der Men­sch die Befes­ti­gung des Geisti­gen in sich sel­ber aus. Im I stellt sich der Men­sch sel­ber in den Raum. (nach Dubach Donath, Die Grun­dele­mente der Eury­th­mie, in: Die Sprache der Laute, S. 187) Das ist also das seel­is­che Innen­er­leb­nis. Das entsprechende Außen­er­leb­nis drückt sich im Kon­so­nant J aus. Hier ist der Men­sch nicht der aktiv-vokalisch ausstrahlende, son­dern der pas­siv emp­fan­gende. Jed­er Kon­so­nant ist Aus­druck ein­er Wirkung der Außen­welt. Hier geschieht es ihm also. Hier wird er in den Raum gestellt, wird mit Geist begabt und Erschaf­fen. Tat­säch­lich find­en sich die zu erwartenden Eigen­schaften in der Beschrei­bung des J.

Im phönizis­chen Alpha­bet beze­ich­nete ‘Jod’ die Hand. Im Jod wurde die offene, deu­tende und schöpferisch wirk­same Hand erlebt im Unter­schied zum ‘Kaph’ der zur Faust gekrümmten, holen Hand. Her­mann Beckh schreibt: “So wie Aleph im Hebräis­chen das Zeichen des Unof­fen­baren, Poten­tiellen, so ist Jod das Zeichen der Offen­barung, der Man­i­fes­ta­tion, der göt­tlichen Welt­be­jahung. … Als Aus­druck des Über­ganges des Poten­tiellen ins Aktuelle des aktiv­en Han­delns ste­ht J auch bedeu­tungsvoll als Anlaut des hebräis­chen ‘Jad’, die ‘Hand’ … Der Funke des Göt­tlich-Geisti­gen, wie er hier aus Jahves Hand auf den Fin­ger Adams über­springt, das Prinzip der sich offen­baren­den göt­tlichen Aktiv­ität ist es, was der Hebräer beim Jod, da wo es in seinem höch­sten geisti­gen Sinne gebraucht wird, erlebt. Wie Aleph das in sich ruhende Ewig-Göt­tliche, so ist Jod dieses Göt­tlich-Ewige, Außer­räum­liche, Außerzeitliche — die Unendlichkeit, wie auch das Unendlich-Kleine, Punk­tuelle, der Punkt (der ja im Hebräis­chen durch Jod dargestellt wurde) — da, wo dieses Außer­räum­liche, Außerzeitliche, sich anschickt, seinen Impuls in die Welt des räum­lich und zeitlich Bed­ingten hineinzus­trahlen, es ist der archimedis­che Punkt, … von dem aus alles Welt­geschehen seinen Aus­gang nimmt, der Ich-Punkt, der sich dann zur Welt erweit­ert.” (in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 201)

Im Alpha­bet des Wul­fi­la, im gotis­chen Alpha­bet, wird das J durch ‘Jar’ (geschrieben ‘Gaar’, sprich “jar”) aus­ge­drückt und vom I unter­schieden, das ‘Iiz’, ‘Eis’ bedeutet. Die Rune­nal­pha­bete haben eine ‘Jar’- bzw. ‘Jer’-Rune, die ursprünglich ‘Jera’ lautete und ‘Jahr’ bedeutet. Das angel­säch­sis­che Runen­lied sagt:

Jahr ist der Men­schen Hoff­nung, — wenn Gott,

der heilige Him­mel­skönig, — lässt her­rliche Früchte

 her­vor­brin­gen die Erde — für Arme und Reiche zugleich.

(Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 204, Zeilen umgestellt)

Auch im Hebräis­chen wird das J in ‘Jom’ ver­wen­det, um einen ganzen Zyk­lus, hier einen Wel­tentag, zu beze­ich­nen. Rudolf Stein­er sagt: “Da, wo die Elo­him durch ihre höheren ord­nen­den Kräfte gewirkt hat­ten, dass Licht werde, da stell­ten sie an ihren Platz Jom, die erste Wesen­heit, den ersten der Zeit­geis­ter oder Archai. … So sind diese geisti­gen Wesen­heit­en die wir Geis­ter der Per­sön­lichkeit oder Urbe­ginne nen­nen, das­selbe, was da als Zeiträume, als Tag, als Jom genan­nt wird.” (GA 122, in: Ernst Moll, Die Sprache der Laute, S. 202f)

Über das J und das Wort ‘Jahr’ schreibt Ernst Moll: “Der Jahre­san­fang ist das J von ‘Jar’ bzw. ‘Jahr’, das im alten Aves­ta bere­its ‘yar’ heißt. Im Alt­slaw­is­chen bedeutet ‘jar’ der ‘Früh­ling’, worin das Neue beson­ders betont ist. Das Gle­iche gilt für das griechis­che ‘hora’ = ‘Jahreszeit, Früh­ling, Jahr’. Ety­mol­o­gisch ver­mutet man als Grundbe­deu­tung für das deutsche ‘Jahr’ und die dazuge­höri­gen Wortrei­hen diejenige von ‘Gang’. … So sieht man die Worte um ‘Jahr’, ‘Jar’ ety­mol­o­gisch zuge­hörig zu altindisch ‘ya’, das ist ‘gehen’, wozu gotisch ‘idd­ja’ = ‘ging’ gerech­net wird. Das J … von ‘Jar’ ist also der Jahres-Gang, der Jahres-Lauf. … [Im J haben wir] sozusagen den Anlauf des Jahres, den Neu-Impuls, Neube­ginn. Das J von ‘Jahr’ ist dann das Neu-Jahr. Es ist zugle­ich der merkuri­ale Über­gang von einem Zyk­lus zum anderen… Wir denken an das Dop­pelantlitz des nach zwei Seit­en blick­enden Janus-Jupiter, der als ‘Januar’-Monat den Neu-Beginn, den Jahres-Ein­gang bildet.” (Die Sprache der Laute, S. 205) Und Her­mann Beckh begreift das deutsche Wort ‘Jahr’ sog­ar als ein heiliges Urwort, das Zarathus­tra als ‘yar’ schon benutzte, wenn er über die Amshas­pands und die Izards sprach. Indem er über diese göt­tlichen Wesen sprach, charak­ter­isierte er geistige Kräfte, die den Men­schen von außen bilden und mit Zeiträu­men gle­ichge­set­zt wur­den. Her­mann Beckh schreibt: “Am Urbe­ginn, noch vor Ormuzd und Ahri­man, ste­ht für Zarathus­tra die Zeitunendlichkeit, die Zeit­en­fülle und alle jene Wesen­heit­en, die … in der Zarathus­trareli­gion verehrt wer­den, haben auch mit der Zeit und mit bes­timmten Zeitab­schnit­ten etwas zu tun. Göt­tliche Wesen­heit­en, in ihrer Tätigkeit rhyth­misch abwech­sel­nd, wal­ten im Jahres­lauf. So wird die Betra­ch­tung des Jahres selb­st für diese Reli­gion etwas beson­ders Heiliges und Ehrwürdi­ges. Das Jahr erscheint als etwas aus den Impulsen des Göt­tlichen her­aus Fließen­des, von göt­tlichen Impulsen rhyth­misch Getra­genes. … [Das deutsch Wort ‘Jahr’] ist mehr als ein bloß kon­ven­tionelles Wort. Es ist — wie das alte Aves­ta uns zeigt — eines der ehrwürdi­gen Urworte der Men­schheit, und der [Zarathus­tra] am tief­sten in alten Zeit­en über das Wesen des Jahres und der Zeit gere­det hat, schon er hat das Wort ‘yar’ genan­nt.” (Wege zur Ursprache)

In der hebräis­chen Sprache laut­en essen­tielle Namen mit J an: Neben dem Gottes­na­men Jahve bzw. Jeho­va sind dies Johannes der Täufer, hebräisch ‘Jochanan’ (Jvchnn), mit der Bedeu­tung ‘der den Jeho­va schenkt’ und ‘Jona’, die ‘Taube’.  Und auch ‘Jesus’, ‘Jeschu’ gehört zu dieser Rei­he. Dies ist die aramäis­che Kurz­form des hebräis­chen Namens Jeschua bzw. Jehoschua (יהושוע). Der erste Teil dieses Namens יהו (jhw) ist wahrschein­lich eine Kurz­form des hebräis­chen Gottes­na­mens JHWH (Jahve) und der zweite Namen­steil שוע (schua) bedeutet ‘edel’, ‘freigiebig’, ‘vornehm sein’, oder wird von dem Verb jascha ‘ret­ten’, ‘befreien’, ‘erlösen’ abgeleitet.

Wie schon erwäh­nt, durfte im jüdis­chen Volk der Gottes­name nicht aus­ge­sprochen wer­den. Wie klang dieser Gottes­na­men nun? Mit Rudolf Stein­er schreibt Ernst Moll: “Der unaussprech­liche Name Jeho­vas ist ja kein ander­er als der des Ich. Das I, das die Wesen­heit des Men­schen in den Raum stellt, kündigt sich an in diesem Namen: sowohl im I‑O-A [Ioannes auf Griechisch] des Johannes wie im I‑E-O-U‑A des Jeho­va. Denn der Name Jeho­va hat nichts in sich als nur die fünf Vokale ‘A, E, I, O, U’, heißt es im Mys­teri­um Mag­num [von] Jakob Böhme. … Da die Vokale aber Aus­druck sind ein­er­seits der plan­e­tarisch-göt­tlichen, ander­er­seits der seel­isch-inner­lich-men­schlichen Welt, indem die erstere in der let­zteren sich offen­bart, so haben wir in der Vokalskala A‑E-I-O‑U, genauer in den drei Vokalen I‑A-O, die Zusam­men­fas­sung all dieser Erlebens­möglichkeit­en im Ich.” (Die Sprache der Laute, S. 207) Rudolf Stein­er sagt über diese Vokale “I‑A-O , das stellt vieles vom Seel­is­chen dar, fast das ganze Seel­is­che seinem Gefühlsleben nach: I‑A-O.” (GA 279, in: Die Sprache der Laute, S. 207) Und weit­er schreibt Ernst Moll: “Das gesamte Innen­leben, d.h. eben das Ich, stellt sich dar, wie die Verbindung dieser drei Vokale über­haupt in älteren Zeit­en als die Wurzel des Namens Gottes ange­se­hen wurde. Auch in ihrem Buch­staben­bild [der lateinis­chen Schrift] zeigt sie die drei Grun­dele­mente aller geometrischen For­men: die Ger­ade im I, den Winkel im A und den Kreis im O. Genauer gese­hen drückt sich im I das Ich, im O das Astralis­che und im A das Ätherische aus.” (Die Sprache der Laute, S. 207)

Auch an ganz ander­er Stelle, in den eph­esis­chen Mys­te­rien erk­lang über­raschen­der­weise diese Laut­folge. Rudolf Stein­er sagt, dass der Ein­wei­hungss­chüler wusste: “dass es regsam macht sein Ich, seinen astralis­chen Leib. IO = Ich mit astralis­chem Leib, und das Her­ankom­men des Lichtäther­leibes in dem A = IOA. Jet­zt fühlte er sich, indem vib­ri­erte in ihm das IOA, als Ich, als astralis­ch­er Leib, als ätherisch­er Leib. Und dann war es, wie wenn von der Erde her­aufk­länge (denn der Men­sch war ver­set­zt in das Kos­mis­che) … das­jenige, was das IOA durch­set­zte: eh, v. 

Das waren die Kräfte der Erde, die her­aufka­men in dem eh v. Und nun fühlte er in dem IehO­vA den ganzen Men­schen. Das Vorge­fühl des physis­chen Leibes, den er erst auf der Erde hat­te, fühlte er angedeutet in den Kon­so­nan­ten, die hinzuge­hörten zu dem Vokalis­chen. … Dieses sich Ein­leben in dem IehO­vA, das war es, was den eph­esis­chen Schüler erfühlen ließ die let­zten Schritte für das Herun­ter­steigen aus der geisti­gen Welt. Aber es war zu gle­ich­er Zeit dieses Erfühlen das IOA so, dass man sich fühlte im Lichte drin­nen als dieser Klang IOA. Dann war man Men­sch: klin­gen­des Ich, klin­gen­der astralis­ch­er Leib in licht­glänzen­dem Äther­leib. Dann war man Klang im Licht. So ist man als kos­mis­ch­er Men­sch.” (GA 233, in: Die Sprache der Laute, S. 208)

Der Gottes­name wird im Hebräis­chen auf zweifache Weise angegeben, als Jeho­va und auch als Jahve (Jhvh). Da nur die Kon­so­nan­ten geschrieben wur­den, lässt sich fra­gen, wie der Gott wirk­lich beze­ich­net wurde. Über den Jeho­va-Johannes-Namen schreibt Her­mann Beckh: “I‑A-O und I‑O-A sind zwei ver­schiedene For­men eines alten Urwortes, das als der auch im hebräis­chen Jahve und Jeho­va enthal­tene ‘Name der Göt­tlichen’ bekan­nt ist, der let­zten Endes immer auf das ‘Geheim­nis des Ich’ führt (den Namen, den jed­er nur sich selb­st geben kann).” (in: Die Sprache der Laute, S. 208) Das ist so zu ver­ste­hen, dass I‑A-O die vokalis­che Form ist des ursprünglich rein kon­so­nan­tisch geschriebe­nen J‑H-V‑H, des Jahve-Namens. Hier ste­ht das Wer­den des Göt­tlichen im Vorder­grund und es heißt, dass die Juden diesen Gottes­na­men vor­rangig benutzten. Der auch mit Johannes zusam­men­hän­gende Name I‑O-A ist dage­gen die Vokalfolge des Jeho­va-Namens. Dieser fokussiert mehr auf das göt­tliche Sein und wurde vor allem von den Samaritern benutzt.

Ernst Moll zitiert Gese­nius, der schreibt: “Es frägt sich nun, wie die Kon­so­nan­ten I‑H-V‑J richtiger auszus­prechen sind. Die meis­ten Ausleger stim­men für IAO nach der Angabe mehrerer alter Schrift­stellen, dass die Hebräer ihren Gott IAO aus­ge­sprochen hät­ten. … Auch bei den Gnos­tik­ern kommt der Name IAO vor und find­et sich auf den Gem­men der Basi­lid­i­an­er…” Und weit­er zitiert Ernst Moll Theodor­et: “Es nen­nen ihn die Samar­i­tan­er ‘IAVE’, die Juden hinge­gen ‘IAO’.” (Die Sprache der Laute, S. 208)

Der Chris­tus, das nun zur Erde gekommene göt­tliche Ich, nen­nt sich sel­ber das Alpha und das Omega und gibt der Laut­folge I‑A-O dadurch neben dem Wer­den auch eine dezi­diert zeitliche Bedeu­tung. Damit rückt der Jahve-Jeho­va Name in die Nähe des J von ‘Jom’, den Zeit­geis­tern und dem Urwort ‘yar’, ‘Jahr’, der zyk­lis­chen Zeit.

Kön­nte auf­grund dessen das Fehlen des J im See­lenkalen­der-Alpha­bet tat­säch­lich darin begrün­det sein, dass mit dem J der ganze Zyk­lus des Jahres umfasst wird? Und kön­nte es außer­dem sein, dass dieser Zeitraum gle­ichzeit­ig ein geistiger Raum ist — frei nach Richard Wag­n­er: “hier wird die Zeit zum Raum”? Und kön­nte es dann sein, dass der, der diesen Raum bewohnt, der in diesem Raum ste­ht, der­jenige ist, der auch dem Men­schen die Fähigkeit gegeben hat, sein Ich in den Raum zu stellen?