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Angela Fischer
Mein Weg zum Seelenkalender
… Geschenk: Zum Jahresbeginn 2014 bekam ich den Seelenkalender mit seinen 52 Sprüchen für die Wochen des Jahres als kleines Büchlein geschenkt. Dieses Geschenk begleitete die Frage, ob darin nicht etwas verborgen sei, um den Jahreslauf als achte Kunst zu verstehen. Wir beschäftigten uns damals mit dem Buch „Der Jahreskreislauf und die 7 Künste“ von Sergej Prokofieff (1994), indem das Leben mit dem Jahreslauf als achte Kunst beschrieben wird. Mit dieser Frage begann meine Suchbewegung.
Leben mit dem Seelenkalender: Ich begann, die Sprüche Woche für Woche zu lesen. Ich ließ mich überraschen, welche Signatur die neue Woche haben würde. Immer wieder fand ich, dass der Spruch gerade die Essenz von dem ausdrückte, worum es in dieser Woche in meinem Leben wirklich ging. Das ist bis heute so. Ich bekam das Gefühl, das ich durch den Wechsel der Wochen im Jahr 52 verschiedenen Mächten begegne, die in der Welt und in mir wirken. Der Atem der Zeit begann durch die Sprüche mit mir zu kommunizieren.
Die Fragen: Nun wurde es für mich immer drängender, den Aufbau des Gesamtwerks genauer zu verstehen, um daraus einen Zugang zu den einzelnen Sprüchen zu gewinnen. Zwei Fragen stellten sich:
- Warum hatte Rudolf Steiner den Seelenkalender so angelegt, dass immer drei Sprüche zusammengehören? Zwei Sprüche sind grammatikalisch aufeinander bezogen, der dritte gesellt sich durch den gleichen Buchstaben hinzu (mehr dazu unter: Die Struktur des Seelenkalenders und Die Dreiheit der Sprüche).
- Welches sind die drei Sprüche, die in einer Stimmung gehalten sind, so wie Rudolf Steiner es erwähnt, die also zeitlich aufeinander folgen?
Die Antworten: Die Antworten kamen manchmal schnell, wie ein Blitz oder langsam, Puzzleteil für Puzzleteil. Immer waren sie ein Geschenk nach einer langen, intensiven Zeit des inneren Bewegens und Bebrütens der Frage.
Die Antwort der ersten Frage leuchtete plötzlich mitten im Alltag vor mir auf: Es gibt drei miteinander verlinkte Sprüche, weil auch die Seele dreigliedrig ist. So wie in der Seele Denken, Fühlen und Wollen stets zusammenwirken, gehören im Seelenkalender immer drei Sprüche zusammen. Erst ihre gemeinsame Aussage führt in das sich wöchentlich wandelnde Wesen der Seele. Nur wenn ich im Mittelpunkt meiner Seele stehe und Fühlen, Denken und Wille mich als Kräfte umgeben, bin ich frei, sie zu handhaben. In 52 Variationen kann ich ihr Zusammenspiel im Jahreslauf durch die Wochensprüche beobachten. Erst indem ich ihren Dreiklang höre, ihre Spannung erlebe, kann ich im Zwischenraum ahnen, worum es hier wirklich für die Seele geht. Diese Erkenntnis führte zu der Entscheidung, fortan Woche für Woche Notizen zu den jeweiligen drei Sprüchen zu machen.
Die zweite Frage fand ihre Antwort schleichend. Nachdem ich mehrere Jahre dem Studium der drei verlinkten Sprüche gewidmet hatte, wurde mir die Zeit als ein Fließen, das keine starren Grenzen duldet, immer erlebbarer. Die drei aufeinander folgenden Sprüche einer Stimmung müssen diesem lebendigen Zeitenstrom entsprechen. Jeder der 52 Sprüche verleiht einer eigenen Zeitqualität Worte, die sich jede Woche neu und anders ins Leben ergießt. Doch jeder Impuls ergießt sich in dreifacher Weise: in die Zukunft, die Gegenwart und die Vergangenheit. Der Zeitimpuls bereitet sich eine Woche lang vor, in der nächsten kulminiert er und in der folgenden vollendet er sich. Der Spruch der Woche muss immer als der mittlere von drei Sprüchen betrachtet werden. Sein Zeit-Impuls wird erst sichtbar, wenn die Vorbereitung im vorhergehenden Wochenspruch gesucht wird, die Vollendung im folgenden Spruch. Dadurch verweben sich die 52 Zeit-Impulse in den Wochensprüchen miteinander.