Die spiegelnden Mantren 10 K und 43 r

10 K

Zu som­mer­lichen Höhen

Erhebt der Sonne leuch­t­end Wesen sich;

Es nimmt mein men­schlich Fühlen

In seine Raumesweit­en mit.

Erahnend regt im Innern sich

Empfind­ung, dumpf mir kündend,

Erken­nen wirst du einst:

Dich fühlte jet­zt ein Gotteswesen.

43 r

In win­ter­lichen Tiefen

Erwarmt des Geistes wahres Sein;

Es gibt dem Weltenscheine

Durch Herzen­skräfte Daseinsmächte;

Der Wel­tenkälte trotzt erstarkend

Das See­len­feuer im Menscheninnern.

.….

.….

Musik zum Mantra 10 K — eindringlich — komponiert von Herbert Lippmann

Musik zum Mantra 43 r — innig — komponiert von Herbert Lippmann

Die Kundalini, die geheimnisvolle Schlangenkraft

Mit dem Mantra 10 K begin­nt die Son­nen­zeit, die Zeit der an ein Datum gebun­de­nen Feste im Jahr. Sie endet mit dem Mantra 43 r. Dazwis­chen — vom Mantra 44 s bis zum Mantra 9 I liegen die zu Ostern gehören­den Wochen, deren Feste sich durch den Abstand zum Oster­fest definieren, nicht durch ein jährlich gle­ich­es Datum. Und Ostern hängt vom Voll­mond nach der Früh­lings-Tag-und-Nacht­gle­iche ab. Im Blog­a­r­tikel zum ersten und let­zten Mantra der Osterzeit (9 I und 44 s) ist die Ver­wandtschaft des jährlich neuen Oster­im­puls­es zur Tao-Kraft dargestellt. Die Tao-Kraft ist eine himm­lis­che, von oben nach unten wirk­ende Kraft, die auch Chi oder Prana genan­nt wird. Diese kos­mis­che Kraft ist die Leben­skraft, die in der Welt alles Leben bewirkt. Insofern ist sie auch im Men­schen zu find­en. Doch ist im indi­vidu­ellen Lebe­we­sen die Leben­skraft sterblich. Die Leben erneuernde Kraft, die Jahr für Jahr in der Natur zu beobacht­en ist, hat der Men­sch nur gradu­ell und nicht umfassend zur Ver­fü­gung. Die Suche nach der Unsterblichkeit, dem Wass­er des Lebens, ist ver­mut­lich so alt, wie die Men­schheit, denn jed­er einzelne muss sie für sich antreten. Die Leben­skraft im Innern ist eine Auf­steigende Kraft. Sie ruht, so heißt es in der östlichen Weisheit, als aufgerollte Schlange, als Kun­dalinikraft im Men­schen und wartet darauf, erweckt zu wer­den. Steigt diese als stark gesteigerte Vital­ität erlebte Kraft auf, ver­lei­ht sie dem Men­schen die Fähigkeit der geisti­gen Wahrnehmung, der Heilung und die Fähigkeit zu erschaf­fen, zu man­i­festieren, wie man heute sagt.

Rudolf Stein­er sagt, dass die Kun­dali­ni eine dop­pelte Kraft ist. Er spricht vom Kun­dali­ni-Licht, dass den Men­schen in der geisti­gen Welt sehend macht und vom Kun­dali­ni-Feuer, das ausstrahlende Liebe ist.

Ich habe den Ein­druck, dass die Kun­dali­ni durch die bei­den Spiegel­sprüche 10 K und 43 r in Erschei­n­ung tritt. Deshalb sollen hier zunächst Aus­sagen von Rudolf Stein­er wiedergegeben wer­den, wie sie Hel­la Wies­berg­er für diese Dop­pel­natur im zweit­en Teil ihres Auf­satzes “Rudolf Stein­ers Lebenswerk in sein­er Wirk­lichkeit ist sein Lebens­gang” her­ausar­beit­et (Beiträge zur Rudolf Stein­er Gesam­taus­gabe, Heft 51/52, 1975, S. 18 — 36).

Im drit­ten Bild des Mys­te­rien­dra­mas <Pforte der Ein­wei­hung> hat Rudolf Stein­er durch den Mund des Geis­teslehrers Benedik­tus dem Schüler Johannes Thoma­sius einen “Schlüs­sel” gegeben, der ihn anleit­et geistig sehend zu wer­den, als er im Begriff ist, in die Geist­welt des Devachan, den Him­mel, aufzusteigen:

Ich kann dir noch die Rich­tung weisen:

Entzünde dein­er Seele volle Macht

An Worten, die durch meinen Mund

Den Schlüs­sel geben zu den Höhen.

Sie wer­den dich geleiten,

Auch wenn dich nichts mehr leitet,

Was Sin­nenau­gen noch erblick­en können.

Mit vollem Herzen wolle sie empfangen:

 

Des Licht­es webend Wesen, es erstrahlet

Durch Raumesweit­en,

Zu füllen die Welt mit Sein.

Der Liebe Segen, er erwarmet

Die Zeit­en­fol­gen,

Zu rufen aller Wel­ten Offenbarung.

Und Geis­tes­boten, sie vermählen

Des Licht­es webend Wesen

Mit See­lenof­fen­barung;

Und wenn ver­mählen kann mit beiden

Der Men­sch sein eigen Selbst,

Ist er in Geis­teshöhen lebend.

(Die Pforte der Ein­wei­hung, 3. Bild, GA 14)

In diesem “Schlüs­sel” spielt also die Polar­ität von Licht und Liebe die wesentliche Rolle. Licht hat weben­des Wesen und füllt die Welt durch sein Erstrahlen mit Sein. Der Segen der Liebe erwarmt die Zeit­en­fol­gen und ruft dadurch die Offen­barung her­bei. In Kurz­form: das Licht erschafft im Raum, die Liebe macht sicht­bar in den Zeit­en­fol­gen, also in der Zeit.

Hel­la Wies­berg­er schreibt über diesen “Schlüs­sel”, indem sie die fol­gen­den Worte wählt: “Der Gedanken­in­halt besagt, dass Raum und Zeit [-] als Offen­barungspo­lar­ität der Geis­teshöhen [-] der Ewigkeit ver­bun­den sind mit der Polar­ität von Licht und Liebe, zu deren Aus­gle­ich oder <Ver­mäh­lung> der Men­sch in seinem eige­nen Selb­st aufgerufen wird.” (S. 19)

Ihre Worte wer­den durch das Mantra von Rudolf Stein­er bestätigt, das er 1906 seinen Schülern gegeben hat und dessen The­ma Licht und Liebe ist:

In den reinen Strahlen des Lichtes

Erglänzt die Got­theit der Welt.

In der reinen Liebe zu allen Wesen

Erstrahlt die Göt­tlichkeit mein­er Seele.

Ich ruhe in der Got­theit der Welt;

Ich werde mich selb­st finden

In der Got­theit der Welt.

Hel­la Wies­berg­er schreibt: „In ein­er ganz beson­deren Art wird aber die Licht-Liebe-Polar­ität noch repräsen­tiert von den bei­den Gestal­ten [in den Mys­te­rien­dra­men von Rudolf Stein­er] <Maria> und <die andere Maria>, schon durch ihre gle­ich­lau­t­en­den Namen eine geistige Ver­wandtschaft bekun­dend. Ganz deut­lich wird ihr Ver­hält­nis im Sinne dieser Polar­ität in einem Entwurf zum Schluss­bild der <Pforte> aus­ge­sprochen (in GA 44). Darin lässt Rudolf Stein­er Maria zu ihrer <Opfer­schwest­er>, der anderen Maria, sagen:

So wer­den wir dem Wel­tenwerke dienen,

Wenn mein Licht erleuchtet deine Wärme,

Wenn deine Wärme mir das Licht befruchtet.

Auf den Zusam­men­hang der ersten Mys­te­rien­dich­tung <Die Pforte der Ein­wei­hung> mit dem Rät­selmärchen Goethes von der grü­nen Schlange und der schö­nen Lilie hat Rudolf Stein­er häu­fig hingewiesen. Dass die bei­den Marien-Gestal­ten mit der <Lilie> und der <Schlange> aus dem Märchen in gewis­sem Sinne iden­tisch sind, geht her­vor aus den <Entwür­fen> zur <Pforte>, in denen die Namenge­bung noch genau dem Goethe-Märchen entspricht.

Der polar­ische Zusam­men­hang von Lilie und Schlange wird in der Märchen-Inter­pre­ta­tion von 1918 dahinge­hend charak­ter­isiert, dass die Lilie das Reich des Übersinnlichen und die Schlange das Reich des Sinnlichen repräsen­tiert. Die men­schliche Seele müsse zu bei­den das rechte Ver­hält­nis find­en. Dieses sei eben der Zus­tand, nach dem sich alle im Märchen vork­om­menden Per­so­n­en sehnen. Erre­icht wer­den kann er nur durch das Selb­stopfer der Schlange. Dadurch könne sich die Seele die Brücke bauen zwis­chen dem dies­seit­i­gen und jen­seit­i­gen Gebi­et des Flusses. Die Brücke beste­ht aus dem Stoff der Schlange selb­st. Das heißt: die Schlange als ein Bild für die <Lebenser­fahrung der Seele> führt for­t­an <kein Eigen­leben>. Sie ist nicht mehr, wie vorher, bloß auf die äußere Sin­nen­welt gerichtet. Sie ist von der Lebenser­fahrung zur Lebensweisheit gewor­den, zur inneren See­lenkraft, die man als solche <nicht bewusst übt, son­dern die nur wirkt, indem sich Sinnlich­es und Übersinnlich­es im Men­schenin­nern gegen­seit­ig erleucht­en und erwär­men>.” (S. 23)

Bis hier­her kann gesagt wer­den: Licht erleuchtet, Wärme befruchtet. Die weiße Lilie repräsen­tiert die Welt des Übersinnlichen, die Schlangen, die Welt des Sinnlichen. Licht erleuchtet den geisti­gen Raum, Wärme opfert, baut als durch­lebte Zeit die Brücke und befruchtet.

“Zeitlich unmit­tel­bar vor der Neuin­ter­pre­ta­tion des Rät­selmärchens als Goethes <Geheime Offen­barung> inter­pretierte Rudolf Stein­er eine andere okkulte Schrift: den Bericht des Valentin Andrea über die chymis­che Hochzeit des Chris­tion Rosenkreuztz ann 1459. Die Schlangenkraft (Kun­dali­ni) wird darin beschrieben als <geistige Wahrnehmungskraft>, als <Tätigkeit des Bildekräfteleibes>, die sich ver­gle­ichen lasse mit der <Erre­gung von ausstrahlen­dem Licht>. Und von der Polar­ität Licht und Liebe heißt es: <Die Anschau­ung des Geistes­such­ers sieht in dem Wesen­haften, das ätherisch allem Dasein und Wer­den zugrunde liegt, zwei polar­isch zueinan­der ste­hende Kräfte: das Licht und die Liebe.>” (S. 23)

Hel­la Wies­berg­er fährt fort, indem sie Rudolf Stein­er zitiert: “<Man beurteilt aber diese Anschau­ung nur richtig, wenn man in dem physis­chen Lichte und der inner­halb der physis­chen Welt täti­gen Liebe die materiell wirk­samen Offen­barun­gen geistiger Urkräfte sieht. Inner­halb der geisti­gen Urkraft des Licht­es lebt sich das schöpferische Gedankenele­ment der Welt aus und inner­halb der Liebe das schöpferische Wil­lense­le­ment.> Damit wird auf den Zusam­men­hang von Licht und Liebe mit der Polar­ität von Denken und Wollen ver­wiesen, von der Rudolf Stein­er an ander­er Stelle schreibt: <Wer auf dem Wege der übersinnlichen Erken­nt­nis zu ein­er Anschau­ung der men­schlichen Wesen­heit vorzu­drin­gen sucht, dem offen­bart sich in immer stärk­er­er Art die gegen­sät­zliche Natur der denkerischen und wil­len­sar­ti­gen See­len­betä­ti­gung.> (Auf­satz von 1918, in Luz­iferisches und Ahri­man­is­ches in ihrem Ver­hält­nis zum Men­schen, in GA 35, zitiert nach Hel­la Wies­berg­er, S. 24)

[Hel­la Wies­berg­er:] Die Erleb­nisse des chymis­chen Geist­such­ers führen nach Rudolf Stein­ers Inter­pre­ta­tion aber nicht nur zur Erken­nt­nis der Polar­ität des Vorstel­lungs- und Wil­lense­le­mentes im Zusam­men­hang mit der Polar­ität von Licht und Liebe, son­dern auch zur Erken­nt­nis ihrer Verbindung mit der Polar­ität von Männlichem und Weib­lichem.” (S. 24 )

Rudolf Stein­er gibt an, dass der physis­che und der ätherische Leib des Men­schen in geschlechtlich­er Hin­sicht polar zueinan­der sind. Der Äther­leib des Mannes ist weib­lich, der Äther­leib der Frau männlich.

Hel­la Wies­berg­er schreibt: “In dem … Notizbuch aus dem Jahre 1906 find­et sich nun auch noch eine entsprechende Polar­ität für den astralis­chen Leib charak­ter­isiert. Unter [dieser] Skizze des men­schlichen Kör­pers heißt es:

<Dieser physis­che Kör­p­er wird durch die Kräfte des Astrakör­pers aufge­baut; er bringt es bis zu Sin­nesor­ga­nen. Die — Augen — sehen die Gegen­stände durch das Son­nen­licht von außen.

Man muss im Astralkör­p­er selb­st eine zweite Hälfte unter­schei­den: wie der andere Pol beim Magneten.

Beim Manne ist der zweite Astralkör­p­er weib­lich; beim Weibe ist der zweite Astralköper männlich, das heißt der Astralköper ist her­maph­ro­di­tisch. [Das heißt, das Geschlecht des zweit­en Astralkör­pers entspricht dem Geschlecht des Äther­leibes. Möglich­er Weise bedeutet ihre Ver­schmelzung die weit­er unten erwäh­nte Erre­gung des Kun­dalin­ifeuers. A.F.]

Das Kun­dalin­ifeuer ist nun die im zweit­en Astralköper erregte Tätigkeit, die zunächst Wärme und Licht ist.

Solange das Kun­dalin­ifeuer nicht erregt wird, tastet man zwis­chen den Gegen­stän­den und Wesen der höheren Welt; wie in der Nacht zwis­chen den physis­chen Gegen­stän­den. Ist das Kun­dalin­ifeuer da, so beleuchtet man sich selb­st die Gegen­stände.>” (S. 21)

Rudolf Stein­er konkretisiert den männlichen und weib­lichen Aspekt der Seele weit­er: “Die Seele ist männlich und weib­lich zugle­ich. Sie trägt in sich diese bei­den Naturen. Ihr männlich­es Ele­ment ist dem ver­wandt, was man Willen nen­nt, ihr weib­lich­es dem, was als Vorstel­lung beze­ich­net wird.” (GA 11, Die Tren­nung der Geschlechter)

Licht und Liebe liegen also sowohl als Ätherkräfte allem Dasein zugrunde und gle­ichzeit­ig sind sie astrale Kräfte. In der Notizbuchein­tra­gung von 1906 beze­ich­net er Licht und Wärme als Tätigkeit­en des zweit­en Astralkör­pers. Dieser Astralkör­p­er hat eine dop­pelte Natur, denn er war vor der Geschlechtertren­nung in der lemurischen Zeit in der Lage zur Selb­st­be­fruch­tung. Mit der Geschlechtertren­nung ver­lor der Men­sch die Möglichkeit, sich ohne Part­ner fortzupflanzen. Er gewann dadurch aber laut Rudolf Stein­er die Anlage, selb­ständig zu denken.

Hel­la Wies­berg­er fährt fort: “Dadurch trat­en aber auch zu den bish­eri­gen Führern der Men­sch­enen­twick­lung, den <Führern der Liebe>, die <Erreger der Men­schen­weisheit>, auch <Bringer des Licht­es (Luz­ifer)> genan­nt. Von nun an unter­stand die Men­schheit zwei Führern: den <Lieb­we­sen> und den <Weisheitswe­sen>. <Zwis­chen Liebe und Weisheit war die men­schliche Natur einges­pan­nt, als sie auf dieser Erde ihre gegen­wär­tige Form annahm.> In dieser Entwick­lung ist somit der entste­hungs­geschichtliche Ursprung der Polar­ität von Weisheit (Licht) und Liebe (Wärme) im Erden­men­schen zu suchen.

Nun habe jedoch die Entwick­lung zur Eingeschlechtlichkeit als Folge gehabt, dass <der männliche Leib eine weib­liche Seele, der weib­liche Leib eine männliche Seele hat>. Diese <innere Ein­seit­igkeit> im Men­schen werde durch die Befruch­tung mit dem Geiste wiederum aus­geglichen: <Die männliche Seele im weib­lichen Leibe und die weib­liche Seele im männlichen Leibe wer­den bei­de wieder zweigeschlechtlich durch die Befruch­tung mit dem Geist. So sind Mann und Weib in der äußeren Gestalt ver­schieden, im Innern schließt sich bei bei­den die seel­is­che Ein­seit­igkeit zu ein­er har­monis­chen Ganzheit zusam­men. Im Innern ver­schmelzen Geist und Seele zu ein­er Ein­heit. Auf die männliche Seele im Weibe wirkt der Geist weib­lich und macht sie so männlich-weib­lich; auf die weib­liche Seele im Manne wirkt der Geist männlich und bildet sie so gle­ich­falls männlich-weib­lich. Die Zweigeschlechtlichkeit des Men­schen hat sich aus der Außen­welt, wo sie in der vor­lemurischen Zeit vorhan­den war, in das Innere des Men­schen zurück­ge­zo­gen. … Die Vere­ini­gung mit dem Geiste bewirkt zulet­zt die Gle­ich­heit, aber dass vor dem Zus­tandekom­men dieser Gle­ich­heit eine Ver­schieden­heit vorhan­den ist: dies schließt ein Geheim­nis der Men­schen­natur ein.>” (S. 25)

In ein­er grundle­gen­den Betra­ch­tung über Licht und Liebe sagt Rudolf Stein­er über dieses Geheim­nis: “Liebe und Licht sind die zwei Ele­mente, die zwei Kom­po­nen­ten, die alles Erden­da­sein durch­set­zen. Liebe als seel­is­ches Erden­da­sein, Licht als äußeres materielles Erden­da­sein.” (GA 120, 10. Vor­trag) Materie, das Sein, ist also dem Wesen nach Licht, wie Ein­stein es in die berühmte Formel fasst: E=mc2. Alles Seel­is­che ist dage­gen irgend­wie mod­i­fizierte Liebe. Rudolf Stein­er spricht die gen­er­al­isierte Bedeu­tung von Licht und Liebe so aus: “Wer geis­teswis­senschaftlich die Dinge zu begreifen hat, der fragt in allererster Lin­ie: Wie sind in irgen­deinem Grade Liebe und Licht ineinan­der ver­woben?” (GA 120, s.o.)

Über die Spiegelsprüche 10 K und 43 r

Mit dem let­zten Spiegel­spruch-Paar 9 I (großes i) und 44 s endete die Zeit im Jahr, die mit dem vari­ablen Oster­da­tum ver­bun­den ist — die Mon­den­zeit im Jahr. Und mit dem Schritt zum Spiegel­spruch-Paar 10 K und 43 r ist der Über­tritt von der Mond- in die Son­nen­zeit des Jahres vol­l­zo­gen. Rudolf Stein­er ver­wen­det den Aus­druck “Son­nen­zeit” für Zeit zwis­chen Tod und neuer Geburt: “Das wird euer Anblick sein, wenn ihr in die Son­nen­zeit kommt zwis­chen dem Tod und ein­er neuen Geburt.” (GA 236, S. 251) Und tat­säch­lich stellte sich das Mantra 9 I als die Innen­sicht des Todes dar.

Die Mantren 10 K und 43 r haben die Polar­ität von Licht und Wärme zum The­ma. Das Mantra 10 K spricht von der Sonne, deren leuch­t­en­des Wesen sich zu som­mer­lichen Höhen erhebt. Das Mantra 43 r spricht vom wahren Sein des Geistes, der in win­ter­lichen Tiefen erwarmt. Das Mantra 10 K schildert alles aus der Per­spek­tive eines beobach­t­en­den und sein­er selb­st bewussten Ich-Sprech­ers. Das Mantra 43 r ist dage­gen in der neu­tral beschreiben­den drit­ten Per­son ver­fasst. Hier ist kein men­schlich wahrnehmendes Bewusst­sein anwesend.

Schon in der ersten Zeile bei­der Mantren wird ein gewaltiger Gegen­satz aufge­baut: “som­mer­liche Höhen” (10 K) ste­hen “win­ter­lichen Tiefen” (43 r) gegenüber. Sowohl räum­lich (Höhen und Tiefen) als auch zeitlich (som­mer­lich und win­ter­lich) ist die Aus­gangssi­t­u­a­tion bei­der Mantren polar. Eine enorme senkrechte Span­nung von der ulti­ma­tiv­en Tiefe zur ulti­ma­tiv­en Höhe entste­ht, die durch die Nen­nung der Jahreszeit­en auch mit dem Gegen­satz von Kälte und Wärme ver­bun­den ist.

Sowohl die Höhen als auch die Tiefen ste­hen in der Mehrzahl. Ins seel­is­che über­set­zt sind sie kein ein­ma­lig Erre­icht­es, son­dern ein immer wieder zu erstreben­des bzw. auftre­tendes Ereig­nis. Jed­er seel­is­che Auf­stieg führt zu ein­er Höhe und jed­er Gang in die Seele führt in eine Tiefe, die dadurch immer wieder eine neue ist, weil sie in einem anderen Moment erre­icht wird.

Die Sonne wird im Mantra 10 K als ein leuch­t­en­des und als ein Wesen beschrieben, während der Geist im Mantra 43 r wahres Sein hat. Die Sonne ist also jemand, während der Geist das wahre Sein besitzt — wie der Men­sch seinen Kör­p­er besitzt. Das leuch­t­ende Wesen der Sonne erhebt sich zu som­mer­lichen Höhen — während das wahre Sein des Geistes in den win­ter­lichen Tiefen erwarmt. Um sich bess­er vorstellen zu kön­nen, was in den bei­den Mantren geschieht, fragt sich nun, was der Unter­schied von Wesen und Geist ist. Ein Wesen ist ein Jemand, eine Indi­vid­u­al­ität. Nach Rudolf Stein­ers Vorstel­lung kann ein Wesen auch ein Engel­we­sen, das heißt ein geistiges Wesen sein. Ein Wesen kann aber auch inkarnieren, in einen Kör­p­er einziehen. Geist ist dage­gen nicht unbe­d­ingt per­son­ifiziert. Es ist eher ein Sein­szu­s­tand im Außerkör­per­lichen. Doch auch ein Wesen kann im unverkör­perten Zus­tand als Geist ange­sprochen wer­den. Der Hin­weis, dass sich der Geist in win­ter­lichen Tiefen befind­et, weist auf einen inkarnierten, in die Tiefe her­abgestiege­nen Geist. Damit näh­ern sich Wesen und Geist in der Bedeu­tung an. Sie scheinen in der Vorstel­lung zu verschmelzen.

Das Wesen des Bewusst­seins ist Licht auszus­trahlen. Mit dem leuch­t­en­den Wesen der Sonne (10 K) ist die stets indi­vidu­elle, wesen­hafte Bewusst­sein­skraft gemeint, die hier jedoch nicht men­schlich, son­dern kos­misch ist. Die Sonne ist hier Bild der Leben schenk­enden, schöpferischen Kräfte des Uni­ver­sums, und gle­ichzeit­ig ist sie leuch­t­en­des Vor­bild für das men­schliche Bewusst­sein. Auch des Men­schen Bewusst­sein hat die Fähigkeit, sich zur Über­schau zu erheben und eben­so erschaf­fend kreativ zu sein wie die Sonne. Während die Sonne sich erhebt (10 K), erwarmt das wahre Sein des Geistes (43 r). Der Ort des Geschehens, die win­ter­lichen, also kalten Tiefen sind Voraus­set­zung für diesen Vorgang.

Im Mantra 10 K find­et sich die Schilderung eines Naturschaus­piels — der im Som­mer hoch auf­steigen­den Sonne. Dieses äußere Bild kann ins Seel­is­che über­set­zt als die Fähigkeit des Bewusst­seins erkan­nt wer­den. Im Mantra 43 r find­et sich die Beschrei­bung ein­er inneren, geisti­gen Sit­u­a­tion. Hier muss der entsprechende irdisch beobacht­bare Prozess hinzuge­fügt wer­den. Das Ich des Men­schen ist mit der Blutwärme ver­bun­den. Das ist für mein Dafürhal­ten die Blutwärme, der irdis­che Träger des Ichs, wie Rudolf Stein­er sagt. Das Inkarnierte Ich, wenn es in win­ter­lichen Tiefen ist, wirkt also erwär­mend, Kör­per­wärme bildend aus seinem wahren Sein heraus.

Im Mantra 10 K nimmt das Wesen der Sonne etwas mit, im Mantra 43 r gibt das wahre Sein des Geistes etwas. Nehmen und Geben find­en statt — ein vom Grund­satz wech­sel­seit­iger, sich bedin­gen­der Prozess. Das leuch­t­ende Wesen der Sonne (10 K) nimmt das men­schliche Fühlen des Ich-Sprech­ers mit. Die mit der Sonne sym­bol­isierte Bewusst­sein­skraft nimmt das Fühlen mit. Jede Erken­nt­nis wirkt auf das Gefühl und verän­dert das Fühlen. Die in der Welt vorhan­dene schöpferische Bewusst­sein­skraft, das leuch­t­ende Wesen der Sonne, nimmt das men­schliche Fühlen in die Raumesweit­en mit. Es weit­et das Fühlen über die Ich-Bezo­gen­heit hin­aus. Die Raumesweit­en gehören zum Wesen der Sonne. Sie erschafft den Raum, da sie ihn sicht­bar macht. Und genau­so erschafft das men­schliche Bewusst­sein Erken­nt­nis-Räume, in die das Fühlen mitgenom­men wird. Jede Erken­nt­nis ist gle­ichzeit­ig ein Erleb­nis, an dem das Fühlen Anteil hat.

Das wahre Sein des Geistes (43 r) gibt Daseins­mächte. Es schenkt dem Wel­tenscheine — dem was vor­dem nur Schein war — Ver­wirk­lichung. Das wahre Sein des Geistes gibt der Maya der Welt die Macht, da zu sein, Real­ität zu wer­den. Dies geschieht durch Herzen­skräfte. Darin liegt ein deut­lich­er Hin­weis, dass das Erwar­men des wahren Seins als äußer­er Vor­gang die Blutwärme meint.

Was nun in bei­den Mantren fol­gt, spiegelt nicht mehr. Es han­delt sich also nun um Prozesse, die eigen­ständi­ger und nicht mehr wech­sel­seit­ig aufeinan­der bezo­gen sind.

Das Erwar­men (43 r) des wahren Seins des Geistes, der dem Wel­tenschein durch die Kräfte des Herzens Daseins­mächte gegeben hat­te, führt zu einem erstark­enden See­len­feuer, das im Men­schenin­nern der Wel­tenkälte trotzt. Tief im Unbe­wussten, im Stof­fwech­sel­bere­ich, spielt sich dieser Prozess ab, der ein trotzen­der, wil­len­shafter ist. Das See­len­feuer ist dadurch erkennbar als ein indi­vidu­elles, sich der Wel­tenkälte ent­ge­gen­stel­len­des, Dual­ität erlebendes.

Rudolf Stein­er charak­ter­isierte den Willen als männliche Qual­ität, das Denken als weib­liche. Das Mantra 43 r mit sein­er Wil­lens­be­to­nung spricht vom Geist, der in der deutschen Sprache das männliche Geschlecht trägt. Das Mantra 10 K spricht dage­gen von der Sonne, die im deutschen eine “die”, also weib­lich ist. Als Bild des Bewusst­seins ver­weist sie auf das als weib­lich — also als emp­fan­gend — benan­nte Denken.

Das Mit­nehmen (10 K) des eige­nen Füh­lens in die Raumesweit­en durch das sich erhebende, leuch­t­ende Wesen der Sonne führt dazu, dass sich im Innern eine dumpfe, zunächst nur erahn­bare Empfind­ung gel­tend macht. Doch diese Empfind­ung kün­det dem Ich-Sprech­er davon, dass er einst, in fern­er Zukun­ft etwas erken­nen wird. Er wird erken­nen, dass ihn im Moment des Hin­aufge­tra­gen-wer­dens durch das leuch­t­ende Wesen der Sonne, ein Gotteswe­sen fühlte. Im Moment des Auf­stiegs find­et eine Got­tberührung statt, die aber erst hin­ter­her bewusst wer­den kann.

In der Span­nung von Tiefe und Höhe zwis­chen den bei­den Mantren sehe ich die Kun­dali­ni, die mys­tis­che Schlangenkraft des Men­schen aufges­pan­nt. Im Mantra 43 r ste­hen die mit dem Wollen ver­bun­de­nen Geis­ter der Liebe (siehe oben) Pate für den in win­ter­lichen Tiefen befind­lichen Geist. Das See­len­feuer ist das Kun­dalin­ifeuer, das tief im Unter­be­wussten im ersten Chakra auf der Höhe des Steißbeins ruht, bis es so stark wird, bis es so vehe­ment trotzt, dass die Flam­men hochschla­gen und die Schlangenkraft begin­nt aufzusteigen. Im Mantra 10 K begeg­net der bewusste Ich-Sprech­er nun — für mein Gefühl — nicht den luz­iferischen Geis­tern der Weisheit, son­dern dem Chris­tus als dem Geist der Sonne. Im Bild der sich erheben­den Sonne sehe ich das auf­steigende Kun­dalin­ilicht, das nicht das Denken mit­nimmt, son­dern das Fühlen.

Die Gottesbegegnungen von Moses und die Verklärung Christi 

Moses kon­nte im bren­nen­den Dorn­busch (Ex 3,1–4,17), im See­len­feuer, dem göt­tlichen Ich-Bin begeg­nen (43 r). Doch als er darum bat, Jah­we von Angesicht zu sehen, musste dieser es ver­weigern. “Und Jah­we sprach: <Nicht ver­magst du zu schauen mein Angesicht, denn kein Men­sch schaut mich und bleibt am Leben.> Und Jah­we sprach: <Siehe, ein Ort hier bei mir, da sollst du dich hin­stellen auf den Felsen. Und es wird geschehen so: Beim Vorüberziehen mein­er Her­rlichkeit, das stelle ich dich in die Felsen­höh­le und mit mein­er Hand schirme ich dich bei meinem Vorüberziehen. Wenn ich zurückziehe meine Hand, wirst du meine Rück­seite schauen. Mein Angesicht aber darf nicht geschaut wer­den>” (Ex 33,20–23). Auch im Mantra 10 K ist die Erken­nt­nis der Gottes­begeg­nung nicht im Moment des Geschehens möglich, son­dern einst, also im Rückblick.

Anders ist es bei der Verk­lärung Christi. Jesus Chris­tus als inkarniert­er, in die Tiefen her­abgestiegen­er Gott kon­nte sich dreien sein­er Jünger leuch­t­end wie die Sonne von Angesicht zu Angesicht zeigen (z.B. Mt. 17,1–8). Wenn das Kun­dalin­ifeuer durch alle Chakren aufgestiegen ist, beleuchtet es die geistige Welt und macht sie sichtbar.

Die Uräusschlange und die aufgerichtete Schlange

Die Uräuss­chlange, die Göt­ter und Pharao­nen auf der Stirn tru­gen, sym­bol­isiert die hell­sichtige Wahrnehmung. In der ägyp­tis­chen Mytholo­gie wird erzählt, dass einst der Son­nen­gott Re eines sein­er Augen mit einem Auf­trag aus­sandte. Als das Auge nach getan­er Arbeit zurück­kehrte, fand es seinen Platz durch ein nachgewach­senes Auge beset­zt. Der Men­sch hat­te also irdisch wahrnehmen gel­ernt. Re erhob nun das ledi­ge dritte Son­nenauge als Feuer speien­den Uräus an seine Stirn. Einem anderen Mythos zufolge war es die unterä­gyp­tis­che Schlangengöt­tin Wad­jet, die sich in Gestalt des Uräus auf das Haupt des Königs nieder­ließ. Die aktiv sehende, Licht ausstrahlende Kraft des drit­ten Auges wurde auch in der löwengestalti­gen Göt­tin Mehit gese­hen, die gele­gentlich mit dem drit­ten Auge des Re iden­ti­fiziert wurde.

Vier Son­nen tra­gende Uräuss­chlangen, dahin­ter eine große Papyrusstaude, Thron­rück­seite von Tutan­chamun, von 1346–1337 v. Chr.

Ein weit­eres mythol­o­gis­ches Bild für die auf­steigende Schlangenkraft find­et sich in der Erzäh­lung der Wüsten­wan­derung der Israeliten. Die durch Moses aufgerichtete Schlange heilt von Schlangen­bis­sen, wenn die Betrof­fe­nen zu ihr auf­schauen. (Num 21,6–9)

Die Aufrich­tung der Schlange, Glas­fen­ster Strasbourg

Dieses Ereig­nis gilt als Vorverkündi­gung der Aufrich­tung des Kreuzes, also der Kreuzi­gung Jesu. Bei der aufgerichteten Schlange geht es um eine heilende Kraft, eben­so bei der Kreuzi­gung, die die Aufer­ste­hung Christi und damit die “Heilung von der Sün­denkrankheit” möglich machte.

Die Kundalini mit den Chakren in den Mantren des Seelenkalenders

Wenn die Kun­dali­ni sich zwis­chen den Spiegel­sprüchen 43 r und 10 K auf­s­pan­nt, kann die Frage gestellt wer­den, ob sie sich auch konkreter im See­lenkalen­der darstellt. Es fragt sich also, ob auch die sieben Chakren, die die Kun­dali­ni auf dem Weg ihres Auf­stiegs durch­sticht, in den Mantren wiederge­fun­den wer­den können.

Und tat­säch­lich find­en sich im Mond der Oster­scholle, in jedem drit­ten Mantra nach dem als Aus­gangs­man­tra zu betra­ch­t­en­den Spruch 43 r sig­nifikante Hin­weise auf die zu erwartenden Chakren. Dadurch wer­den die zu Ostern gehören­den Wochen als die Kun­dali­ni deut­lich und ihr Durch­schre­it­en entspricht dem Auf­stieg dieser Kraft. (Die Verbindung der Schlange mit der Mond­sichel, auf der die Maria ste­ht, find­et sich in der Kun­st immer wieder.)

1. Basal-Chakra: Im Mantra 43 r liegt die Kun­dali­ni in dreiein­halb Win­dun­gen zusam­mengerollt und schläft. Hier ist sie noch kre­is­för­mig — das Mantra gehört noch zum Son­nen­bere­ich des Jahres.

2. Sex­u­al-Chakra: Im Mantra 46 u, dem Krisen­spruch, indem die Welt die Seele bedro­ht, wird die Erin­nerung als ein “Du” aufgerufen, Dual­ität tritt auf. Die Kun­dali­ni begin­nt sich zu entrollen und als leuch­t­ende Kraft der Erin­nerung, aufzutreten, um das Schauen, die der Seele eigene geistige Wahrnehmung zu stärken.

3. Solarplexus-Chakra: Im Mantra 49 x spricht die Gedanken­klarheit als ein Ich. Die Bewusst­sein­skraft keimt auf, wird aber noch nicht besessen von einem irdis­chen Ich. Sie gedenkt des eige­nen geisti­gen Wach­sens in fin­stern Wel­tennächt­en und neigt aus dem Inneren Hoff­nungsstrahlen dem nahen Wel­tent­age zu.

4. Herz-Chakra: Hier deuten wir hin, wenn wir “Ich” zu uns sagen. Um das ego­is­tis­che Ich zu über­winden, wird im Sufis­mus von der Wen­dung des Herzens gesprochen. Im Mantra 52 z wen­det sich der Geist aus den See­len­tiefen zu dem Weltensein.

5. Kehl-Chakra: Im Mantra 3 C spricht des Men­schen wach­send Ich zum Weltenall.

6. Dritte Auge, Stirn-Chakra: Im Mantra 6 F zeigt die Welt dem Ich-Sprech­er über­all das göt­tliche Urbild, von dem der Men­sch wahres Abbild ist.

7. Kro­nen-Chakra: Im Mantra 9 I (großes i) geht es um das Vergessen der eige­nen Wil­len­seigen­heit. Geist und See­len­we­sen wer­den von Wel­tenwärme erfüllt — eigene Kör­per­wärme ist nicht mehr vorhan­den, denn hier wird der Tod beschrieben — das Geist-wer­den des Menschen.

Über dieser sieben­stu­fi­gen Kun­dali­ni, die fast iden­tisch mit dem Mond der Oster­scholle ist, leuchtet die Sonne des Mantras 10 K. Die Kun­dali­ni als die Schlangenkraft des Men­schen opfert sich im Mantra 9 I und wird zur Brücke (Goethes Märchen). Die Schlange, Luz­ifer der Licht­träger, trägt die Sonne des Gotteswe­sens — des Christus.

Dem Schritt vom Mantra 9 I zum Mantra 10 K entspricht das von Rudolf Stein­er öfter zitierte Wort des Paulus: “Nicht ich, son­dern der Chris­tus in mir”. Annäh­ernd wörtlich über­set­zt lautet es: „Ich lebe, aber nicht mehr das Ego, son­dern es lebt in mir Chris­tus.“ (Gal. 2,20).

Die Mantren der „See­lenkalen­der- Kundalini“:

Das 1. – Basal-Chakra, in dem sie eingerollt schläft:

43 r

In win­ter­lichen Tiefen

Erwarmt des Geistes wahres Sein;

Es gibt dem Weltenscheine

Durch Herzen­skräfte Daseinsmächte;

Der Wel­tenkälte trotzt erstarkend

Das See­len­feuer im Menscheninnern.

 

Das 2. — Sakral- oder Sexualchakra:

46 u

Die Welt, sie dro­het zu betäuben

Der Seele einge­borene Kraft;

Nun trete du, Erinnerung,

Aus Geis­testiefen leuch­t­end auf

Und stärke mir das Schauen,

Das nur durch Willenskräfte

Sich selb­st erhal­ten kann.

 

Das 3. – Solarplexus Chakra

49 x

Ich füh­le Kraft des Weltenseins:

So spricht Gedankenklarheit,

Gedenk­end eignen Geistes Wachsen

In fin­stern Weltennächten,

Und neigt dem nahen Weltentage

Des Innern Hoffnungsstrahlen.

 

Das 4. — Herzchakra

52 z

Wenn aus den Seelentiefen

Der Geist sich wen­det zu dem Weltensein

Und Schön­heit quillt aus Raumesweiten,

Dann zieht aus Himmelsfernen

Des Lebens Kraft in Menschenleiber

Und einet, machtvoll wirkend,

Des Geistes Wesen mit dem Menschensein.

 

Das 5. – Kehlkopf-Chakra

3 C

Es spricht zum Weltenall,

Sich selb­st vergessend

Und seines Urstands eingedenk,

Des Men­schen wach­send Ich:

In dir, befreiend mich

Aus mein­er Eigen­heit­en Fessel,

Ergründe ich mein echt­es Wesen.

 

Das 6. – Chakra des Drit­ten Auges

6 F

Es ist erstanden aus der Eigenheit

Mein Selb­st und find­et sich

Als Wel­tenof­fen­barung

In Zeit- und Raumeskräften;

Die Welt, sie zeigt mir überall

Als göt­tlich Urbild

Des eignen Abbilds Wahrheit.

 

Das 7. – Kronen-Chakra:

9 I (großes i)

Vergessend meine Willenseigenheit

Erfül­let Wel­tenwärme sommerkündend

Mir Geist und Seelenwesen;

Im Licht mich zu verlieren

Gebi­etet mir das Geistesschauen,

Und kraftvoll kün­det Ahnung mir:

Ver­liere dich, um dich zu finden.

 

Die Sonne über der per­sön­lichen Kundalinikraft:

10 K

Zu som­mer­lichen Höhen

Erhebt der Sonne leuch­t­end Wesen sich;

Es nimmt mein men­schlich Fühlen

In seine Raumesweit­en mit.

Erah­nend regt im Innern sich

Empfind­ung, dumpf mir kündend,

Erken­nen wirst du einst:

Dich fühlte jet­zt ein Gotteswesen.