Die spiegelnden Mantren 17 Q und 36 k

17 Q

Es spricht das Wel­tenwort,

Das ich durch Sinnestore

In See­len­gründe durfte führen:

Erfülle deine Geis­testiefen

Mit meinen Wel­tenweit­en

Zu find­en ein­stens mich in dir.

36 k

In meines Wesens Tiefen spricht

Zur Offen­barung drängend

Geheimnisvoll das Wel­tenwort:

Erfülle dein­er Arbeit Ziele

Mit meinem Geis­tes­lichte,

Zu opfern dich durch mich.

Die Weltenwort-Sprüche — das Kind, das Maria rechts oder links trägt

Zwei Mantren bein­hal­ten eine wörtliche Rede des Wel­tenwortes. Es sind die spiegel­nden Mantren 17 Q und 36 k. Betra­chte ich den See­lenkalen­der in der Ei-Ori­en­tierung, dem das Weib der Apoka­lypse bzw. die Maria auf der Mond­sichel im Strahlenkranz zugrunde liegt, so befind­en sich die bei­den Wel­tenwort-Mantren rechts bzw. links auf der Höhe, wo das Kind der Maria zu erwarten ist. Da das Wel­tenwort, der Logos, eine Beze­ich­nung für Chris­tus als Schöpfer­gott ist, betra­chte ich diese bei­den Mantren als Repräsen­tan­ten des Christkindes. Und tat­säch­lich gibt es für die Madon­na keine Fes­tle­gung, auf welch­er Seite sie ihr Kind trägt. Sie kann es auf dem recht­en oder linken Arm halten.

Ganz anders ist es bei Isis mit dem Horuskind, der vorchristlichen göt­tlichen Mut­ter. Über die ganze alte ägyp­tis­che Kul­tur hin­weg wurde Isis mit Horus stets auf die gle­iche Weise dargestellt. Während Isis frontal den Betra­chter anschaut, sitzt Horus im Pro­fil auf ihrer linken Seite. Vom Betra­chter aus ist sein Kopf rechts, sein Blick und Kör­p­er gehen nach links. Dadurch deuten Isis und Horus ein Kreuz an. Auch für die Pieta, die Mut­ter Maria mit dem Leich­nam des Gekreuzigten auf dem Schoß, gibt es eine Darstel­lungstra­di­tion, wenn sie auch weniger streng einge­hal­ten wurde wie bei der Isis mit Horus. Meist sitzt Maria frontal und hält Jesu Leib so, dass sein Kopf auf ihrer recht­en Seite ist. Vom Betra­chter aus ist Jesu Kopf links, sein Kör­p­er geht nach rechts und bildet mit der Mut­ter ein Kreuz. Hängt sein Arm herab, wird die Kreuzas­sozi­a­tion noch ver­stärkt. Damit hal­ten Isis und die Pieta ihren Sohn jew­eils spiegelbildlich.

Isis ist die Vorverkün­derin der Christ­ge­burt. Sie trägt ihr Kind auf die Erde. Die Pieta ist die Mut­ter des Aufer­ste­hen­den. Sie “trägt” ihren Sohn wieder hin­auf bzw. ver­mit­telt den Men­schen das Ver­ständ­nis des Aufer­stande­nen. Madon­nen mit dem Kind auf ihrer recht­en Seite (siehe unten, linke Madon­na) hal­ten den Sohn öfter so, dass seine Beine ein Kreuz bilden, die Kreuzi­gung antizip­ierend. Folge ich dem Son­nen­lauf, der in dieser Jahres­lauf-Darstel­lung im Win­ter-Hal­b­jahr absteigt, im Som­mer-Hal­b­jahr auf­steigt, so erscheint Isis als die absteigende Mut­ter des Win­ter-Hal­b­jahres, die Pieta als die auf­steigende Mut­ter des Sommer-Halbjahres.

Die Wel­tenwort-Mantren — das Kind, das die Madon­na rechts oder links tra­gen kann — es weist ein­mal voraus auf die Pieta mit dem Gekreuzigten das andere Mal zurück auf die Isis mit Horus.

Außen: käu­fliche Madonnen

Innen: Pieta von Michelan­ge­lo (1498–1500) und Isis mit Horus (Spätzeit, 664–332 v. Chr.)

Betra­chte ich den Inhalt der Wel­tenwort Mantren 17 Q und 36 k, stellt sich die Beziehung der Kunst­werke zu den Mantren anders dar. Im Mantra 17 Q klingt die vorchristliche Sit­u­a­tion an: “Zu find­en ein­stens [in Zukun­ft] mich in dir.” Hier spricht das Wel­tenwort, das zwar durch die Sinnestore bere­its in die Seele einge­zo­gen ist, jedoch erst in Zukun­ft gefun­den, erkan­nt wer­den kann. Hier spricht Horus, Sohn der Isis. Im Mantra 36 k ist dage­gen das Selb­stopfer The­ma, dessen großes Vor­bild Christi Kreuzi­gung ist: “Zu opfern dich durch mich.” Hier spricht das Wel­tenwort, das zur Offen­barung drängt, der Aufer­standene. Waren Horus und Chris­tus in der Darstel­lung oben sozusagen die äußere Sonne auf ihrer Kreis­bahn, so stellen sie sich jet­zt als die Sonne dar, die im Zen­trum des Jahreskreis­es ste­ht und ihn erschafft. Der Kopf des Horus und des Gekreuzigten, ihr son­nen­haftes Bewusst­sein, kann jew­eils als diese Zen­trumssonne betra­chtet wer­den. Dann gle­icht ihr Leib einem Strahl dieser Sonne.

Horus als das Wel­tenwort­mantra 17 Q und Jesus Chris­tus als das Wel­tenwort­mantra 36 k — Ihr Leib ein Strahl aus­ge­hend von der Sonne im Zen­trum des Jahreskreises

Isis mit Horus (siehe oben), Ves­per­bild (Pieta) aus der St. Pankratius Kirche in Sundern-Stockum

Isis gebiert das Wel­tenwort, wie Rudolf Stein­er aus­führt (siehe unten). Sie ist die Zeit, die das Leben trägt und her­vor­bringt. Maria hält dage­gen den ver­stor­be­nen Sohn auf dem Schoß. Hier geht es um das, was die Seele durch Abster­be­prozesse bekommt – um das Bewusstsein.

In der ersten Abbil­dung stand die Mut­ter im Zen­trum, das Kind rechts oder links von ihr. In der zweit­en Abbil­dung geht der Sohn son­nen­gle­ich als Strahl aus dem Zen­trum her­vor, die Mut­ter erscheint als das Hal­b­jahr, in dem sie nun abge­bildet ist.

Isis und das Weltenwort

Rudolf Stein­er sagt über die Isis und ihr berühmtes, ver­schleiertes Bild­nis zu Sais: “Sie [die Isis] sagt ja, wer sie ist: Ich bin die Ver­gan­gen­heit, die Gegen­wart und die Zukun­ft, — und das bezieht sich eben darauf, daß sie ver­mit­teln soll die Geheimnisse von der Zeit, weil das, was aus der Zeit in den Raum here­in­fließt, wiederum der Osiris­priester ver­mit­teln soll. Er soll das Zeitliche in das Räum­liche here­in­tra­gen. Er soll in Gedanken aufnehmen das, was aus der Seele kommt, die gewis­ser­maßen eingeschal­tet ist in das Wel­te­nall und seinen Gang: die Isisof­fen­barun­gen.” (GA 171, S. 193)

An ander­er Stelle erzählt er sehr anschaulich, wie in der alten ägyp­tis­chen Ein­wei­hung erlebt wurde, wie Isis das Wel­tenwort gebiert. Hier ein Auss­chnitt: “Und die Empfind­un­gen … waren die Erleb­nisse der soge­nan­nten ägyp­tis­chen Isis-Ein­wei­hung. Wer die Isis-Ein­wei­hung durch­machte, sagte sich eben, wenn er an die Ufer des weltall­weit­en Daseins gekom­men war und die Wesen­heit­en geschaut hat­te, die zum Beispiel physis­chen Leib und Äther­leib kon­sti­tu­ieren, wenn er gegenüber der schweigsamen Göt­tin ges­tanden hat­te, von welch­er Wärme und Licht für das Dasein des Inner­sten der Men­schenseele aus­ge­hen: Das ist die Isis! Das ist die stumme, die schweigsame Göt­tin, deren Antlitz keinem enthüllt wer­den kann, der nur mit sterblichen Augen schaut, deren Antlitz nur denen enthüllt wer­den kann, die sich durchgear­beit­et haben bis zu den Ufern, die geschildert wor­den sind, damit sie schauen kön­nen mit jenen Augen, die von Inkar­na­tion zu Inkar­na­tion gehen, und die nicht mehr sterblich sind. Denn sterblichen Augen hüllt ein undurch­dringlich­er Schleier dies Gestalt der Isis zu!

Wenn so der zu Ini­ti­ierende die Isis geschaut hat­te und gelebt hat­te mit der geschilderten Empfind­ung in der Seele, dann ver­nahm er das, was geschildert wor­den ist als Geburt. Was war diese <Geburt>? Diese Geburt ver­nahm er als das, was man beze­ich­nen kann als <in alle Räume Hin­austö­nen dessen, was Sphären­musik ist>, und als das Zusam­menge­hen der Sphären­musik­töne mit dem, was man das Wel­tenwort, das schöpferische Wel­tenwort nen­nt, das die Räume durch­dringt und in die Wesen­heit­en hineingießt alles, was so in die Wesen­heit­en hineingegossen wer­den muss, wie dann hineingegossen wer­den muss in den physis­chen Leib und Äther­leib die Seele, wenn sie durchge­gan­gen ist durch das Leben zwis­chen Tod und neuer Geburt. Alles, was so in die äußere physis­che Welt von der geisti­gen Welt aus hineingegossen wer­den muss, damit das Hineingegossene dann inner­lich, see­len­haft ist, alles das wird hineingegossen von der die Räume durchtö­nen­den Sphären­har­monie, die allmäh­lich sich so gestal­tet, dass sie ver­nom­men wer­den kann – bedeut­sam, inner­liche Bedeut­samkeit aus­drück­end – als das Wel­tenwort, das die Wesen­heit­en beseelt, die durch die Kräfte von Wärme und Licht durch­lebt wer­den und die sich hinein­ergießen in diejeni­gen Kör­p­er, in diejeni­gen Leiber, die aus den göt­tlichen Kräften und Wesen­heit­en entsprin­gen, welche man schon mit dem vorherge­hen­den Schauen erblick­en kann.

So schaut man hinein in die Welt der Sphären­har­monie, in die Welt des Wel­tenwortes, so schaute man hinein in die Welt, welche die eigentliche Heimat der Men­schenseele ist in der Zeit, wenn diese Men­schenseele lebt zwis­chen dem Tode und der neuen Geburt. Was sich tief ver­hüllt im physis­chen irdis­chen Dasein des Men­schen, was aber dann zwis­chen dem Tode und der neuen Geburt im Abglanze lebt des Licht­es und der Wärme, was sich aber tief ver­hüllt in der physis­chen Welt als die Welt der Sphären­töne und des Wel­tenwortes, das erlebte man durch die Her­mes-Ein­wei­hung als geboren­wer­dend aus der Isis. Die Isis ist damit dann vor einem ste­hend, so dass sie auf der einen Seite sel­ber daste­ht, auf der anderen Seite einem geboren hat die andere Wesen­heit, die man anzus­prechen hat als die Wel­tentöne und das Wel­tenwort. Jet­zt fühlt man sich in der Genossen­schaft der Isis und des von ihr gebore­nen Wel­tenwortes. Und dieses <Wel­tenwort> ist zunächst die Erschei­n­ung des Osiris.

Was dargestellt wor­den ist, begrün­dete also, dass der ägyp­tis­che Eingewei­hte Wel­tenwort und Wel­tentöne als die Erk­lär­er sein­er eige­nen Wesen­heit in der spir­ituellen Welt traf.” (GA 144, 3. Vor­trag 5.2.1913, Her­vorhe­bung fett A.F.)

Osiris ist der Gemahl der Isis, also der Vater des Horus. Da Isis laut Rudolf Stein­er das Wel­tenwort gebiert, sehe ich im Wel­tenwort nicht nur Osiris, son­dern auch Horus, zumal dieser in der ägyp­tis­chen Mytholo­gie — nach vie­len Kämpfen — den Thron des Osiris erbt.

Über die Spiegelsprüche 17 Q und 36 k

Die Mantren 17 Q und 36 k sind Spiegel­sprüche, doch im Gegen­satz zu den meis­ten anderen Spiegel­sprüchen, deren gram­ma­tis­che Entsprechun­gen zum Ende hin sel­tener wer­den oder ganz aufhören, spiegeln die Wel­tenwort-Mantren erst im zweit­en Teil, in den Zeilen, in denen das Wel­tenwort sel­ber spricht.

Die Mantren 17 Q und 36 k liegen an ein­er Gren­ze. Sie sind in der geschichteten Drit­telung des Jahres die “ober­sten” Mantren des Son­nen­bere­ichs. Unter­halb des Son­nen­bere­ichs liegt der Mond­bere­ich, die Oster­scholle, darüber schließt sich der Stern­bere­ich an. So wie der Mond­bere­ich den Wil­lens­bere­ich der Seele darstellt, der Son­nen­bere­ich den Fühl-Bere­ich, so ste­ht der Stern­bere­ich für das Denken. Die Mantren 17 Q und 36 k sind mit diesem Stern­bere­ich in Berührung, sie gren­zen an densel­ben und sprechen sozusagen aus, was im Stern­bere­ich erdacht wurde.

Bei­de Mantren schildern zunächst aus der Sicht eines wachen Ich-Sprech­ers die Sit­u­a­tion, dann fol­gt die direk­te Rede des Wel­tenwortes. In bei­den Mantren spricht das Wel­tenwort im Innern, doch im Mantra 17 Q wird gesagt, wie es dort hineingekom­men ist, im Mantra 36 k drängt es zur Offen­barung — also hin­aus. Dadurch liegt den Mantren eine gegen­sät­zliche Bewe­gung zugrunde.

Im Mantra 17 Q ist das Wel­tenwort durch Sinnestore in die See­len­gründe geführt wer­den. Der Ich-Sprech­er beschreibt, dass er das Wel­tenwort dor­thin führen durfte. Das Wel­tenwort ist also durch die Wahrnehmung in das Innere gekom­men — in die See­len­gründe. Die Sin­nesor­gane erlaubten es dem Ich-Sprech­er, sie waren funk­tions­fähig gebildet, sodass die Wahrnehmung mit­füh­lend seel­isch erlebt wer­den kon­nte. Jedes Erleb­nis, jede Wahrnehmung, die nicht dauer­haft im Bewusst­sein gehal­ten wird, sinkt auf den Grund der Seele. Sie wird vergessen, doch die See­len­gründe bewahren sie auf. Dort wirkt sie weit­er — dort spricht das durch die Sinne aufgenommene Weltenwort.

Das Wel­tenwort ist die hin­ter der Wahrnehmungswelt liegende Weisheit, die Logoskraft, die göt­tliche “Logik” der Schöp­fung. Durch die Wahrnehmung nimmt der Men­sch diese imma­nente Weisheit auf. Nur weil alles von Weisheit durch­webt ist, kann sie vom Men­schen erkan­nt wer­den — kann sie als Ver­stand im Men­schen wirken. Der unbe­wusst sich vol­lziehende Auf­bau der Begriffe in der Sprachen­twick­lung ist ein Beispiel dafür. Dann begin­nt das Wel­tenwort zu ihm zu “sprechen”, dann leuchtet der Sinn anfänglich hin­ter der Erschei­n­ung auf.

Nur was im “Licht” erscheint, sich offen­bart, ist für die Sinne wahrnehm­bar. Rudolf Stein­er sagt über das Son­nen­licht: “Auf den Strahlun­gen, die die Tat­en der zweit­en Hier­ar­chie (Kyri­otetes, Dynamis und Exu­si­ai bzw. Elo­him) sind, wer­den alle sinnlichen Ein­drücke getra­gen, die auf den Men­schen aus­geübt wer­den kön­nen, alle die Ein­drücke, die während des Tages im Wachen an unsere Sinne her­ankom­men. So daß wir in einem gewis­sen Sinne richtig sprechen, wenn wir sagen: In und durch und hin­ter dem Wirken des Son­nen­haften im Umkreise unseres physisch-sinnlichen Daseins ste­ht die übersinnliche Welt der zweit­en Hier­ar­chie.“ (Lit.: GA 236, S. 275f) Die im Mantra 17 Q fol­gende wörtliche Rede des Wel­tenwortes ist also ihre gemein­same Sprache.

Im Mantra 36 k erlebt der Ich-Sprech­er das Wel­tenwort in den Tiefen seines Wesens. Dort drängt es zur Offen­barung. Es will sprechend in Erschei­n­ung treten. Nicht die Stimme der eige­nen Wün­sche erlebt der Ich-Sprech­er, son­dern das Wel­tenwort, das drängt und geheimnisvoll spricht. Ich erlebe in diesem Wel­tenwort die Stimme des Gewis­sens — eine Stimme, die nach Aus­gle­ich ruft für all die Gaben der Welt, die der Men­sch wahrnehmend, den Leib auf­bauend, ihn ernährend emp­fan­gen hat.

In bei­den Mantren ruft das Wel­tenwort den Men­schen dazu auf, etwas in sich zu erfüllen. Im Mantra 17 Q, des frisch durch die Sinne aufgenomme­nen Wel­tenwortes, sollen die eige­nen Geis­testiefen erfüllt wer­den, im Mantra 36 k, des nach Offen­barung drän­gen­den Wel­tenwortes, sollen die Ziele der eige­nen Arbeit erfüllt werden.

Bevor ich darauf einge­he, sollen die drei ver­schiede­nen Begriffe des “Unten” betra­chtet wer­den, die sich in den Mantren find­en: die See­len­gründe und Geis­testiefen im Mantra 17 Q sowie die Tiefen des eige­nen Wesens im Mantra 36 k. Alle drei Begriffe ste­hen in der Mehrzahl. Im drei­gliedri­gen Men­schen­bild von Kör­p­er, Seele und Geist ste­hen Kör­p­er und Geist als sich entsprechende Gegen­sätze gegenüber. Die Seele ver­mit­telt zwis­chen bei­den. Set­ze ich die Tiefen des Wesens für den (geisti­gen) Kör­p­er, die unteil­bare Ein­heit der geisti­gen Iden­tität, so bilden sie das Kör­p­er-Pen­dant zu den Geis­testiefen. Sie meinen dann die Tiefen und Höhen der Inkar­na­tions- und Exkar­na­tions­be­we­gung. Zwis­chen den Tiefen des Wesens und Geis­testiefen ste­hen dann ver­mit­tel­nd die See­len­gründe. Wer­den die Gründe nicht räum­lich ver­standen (am Grund des Meeres), son­dern als zugrunde liegende Ursachen — See­lenur­sachen — so kön­nen damit die Begrün­dun­gen der drei See­len­fähigkeit­en gemeint sein. Das mit der Wahrnehmung aufgenommene Wel­tenwort bet­rifft im Erleben das Fühlen, im Bewusst­sein das Denken und im Bedürf­nis zu reagieren den Willen.

Im See­lenkalen­der tritt der Begriff der Geis­testiefen, die im Mantra 17 Q erfüllt wer­den sollen, ins­ge­samt sechs­mal auf. Neben dem Wel­tenwort-Mantra 17 Q find­et er sich in drei Licht­sprüchen, 5 E, 22 V, 31 e, im Krisen­spruch 46 u und im Mantra 40 o (siehe dort). Wie ein Wür­fel mit sechs Flächen auf jed­er dieser Flächen liegen kann, ist jede Geis­testiefe eine andere Qual­ität der Tiefe, eine andere Rich­tung des geisti­gen Raumes. In den Sagen der Juden wird erzählt, dass Adam sechs Dinge genom­men wur­den, als er aus dem Paradies fiel: “Sechs Dinge waren es, die Adam genom­men wur­den, nach­dem er Sünde getan hat­te, und diese sind: sein Leucht­en, sein Wuchs, das ewige Leben, die Früchte der Erde, die Früchte des Baumes, der Sonne großer Schein. Aber all dies wird in den Tagen des Mes­sias wieder in die Welt kom­men.” (Sagen der Juden, 1962, Inselver­lag, S. 74) In jed­er Geis­testiefe fehlt also etwas und muss neu gewon­nen wer­den. Die sechs Dinge kön­nten fol­gen­des bedeuten: das eigene Leucht­en — die ausstrahlende kleine Sonne des Bewusst­seins, Geis­tes­ge­gen­wär­tigkeit und Hell­sichtigkeit; der Sonne großer Schein — Jahres­lauf-Weisheit und göt­tliche Wirk­samkeit der Geist-Sonne im Jahreskreis; sein Wuchs — die lin­eare Zeit und Entwick­lungs­fähigkeit des Men­schen; das ewige Leben — in der zyk­lis­chen Zeit das Urbild des Men­schen und der Ewigkeit erken­nen; die Früchte der Erde — die eige­nen Erken­nt­nisse aus Wahrnehmung und Denken, das vom Men­schen zu erschaf­fende “Brot der Erde”, das das Brot des Lebens ist; die Früchte des Baumes — die Früchte des Ich-Baumes, der Ätheri­sa­tion des Blutes, der Ver­wand­lung von Leben in Bewusst­sein, von “Kör­p­er” in “Kopf” und damit von Karma-Erkenntnis .

Die sechs heili­gen ver­lore­nen Güter Adams und die sechs Geistestiefen

Im Mantra 17 Q soll der Ich-Sprech­er seine Geis­testiefen mit den Wel­tenweit­en des Wel­tenwortes erfüllen. Er soll sie durch­strahlen lassen, weit­en lassen vom großen Schein der Sonne, der großen Son­nen-Aura des kos­mis­chen Son­nen­we­sens, des Chris­tus, des Schöpfer­gottes durch alle Zeit­en. Der Jahreskreis ist Urbild aller Entwick­lung — der äußeren und inneren. Er ist auch Urbild des geisti­gen Raumes, des kos­mis­chen und des seel­is­chen Innen­raumes. Rudolf Stein­er lässt den Chris­tus nach sein­er Aufer­ste­hung fol­gen­des zu den Jüngern sprechen: „Die physis­che Wis­senschaft spricht von ein­er Bewe­gung der Sonne. Sie kann das. Denn man kann ja inner­halb des Raumes­bildes, das uns als Kos­mos umgibt, an gewis­sen Erschei­n­un­gen sehen, daß die Sonne in Bewe­gung ist. Aber es ist eben nur das in den Raum here­in­ra­gende Abbild der Son­nen­be­we­gung. Und wenn man von der wirk­lichen Sonne spricht, so ist es ein­fach ein Unsinn, zu sagen, die Sonne bewegt sich im Raume. Weil der Raum von der Sonne aus­ges­trahlt wird! Die Sonne strahlt nicht nur das Licht aus, die Sonne macht auch den Raum. Und die Bewe­gung der Sonne sel­ber ist nur inner­halb des Raumes eine räum­liche; außer­halb des Raumes ist sie eine zeitliche. … Ja, seinen inti­men Jüngern hat der Chris­tus gesagt: Sehet hin auf das Leben der Erde. Es ist ver­wandt mit dem Leben des Kos­mos. Insofern ihr schaut auf die Erde und den umliegen­den Kos­mos, ist es der Vater, der dieses Wel­te­nall durch­lebt. Der Vater­gott ist der Gott des Raumes. Ich aber habe euch zu kün­den, daß ich von der Sonne gekom­men bin, von der Zeit, von der Zeit, die den Men­schen nur aufn­immt, wenn er stirbt. Ich habe euch mich selb­st gebracht aus der Zeit her­aus. Nehmet ihr mich auf, sagte der Chris­tus, so nehmet ihr die Zeit auf und ver­fallt nicht dem Raume.” (GA 236 S. 249)

Das Ziel ist es, sagt das Wel­tenwort im Mantra 17 Q dem Ich-Sprech­er, das Wel­tenwort selb­st in sich zu find­en. Doch das ist nicht jet­zt, son­dern erst einst möglich. Warum das? Die kleine Sonne des Bewusst­seins leuchtet in jedem Men­schen. Die kann er sofort find­en. Doch die große Sonne scheint erst im Tod auf. Im Tableau der Leben­srückschau, hin­ter dem vol­len­de­ten Leben leuchtet sie als dessen Schöpfer.

Im Mantra 36 k spricht das Wel­tenwort aus den Tiefen des men­schlichen Wesens. Hier kann das Wel­tenwort eben­so als Sonne ange­se­hen wer­den — als seine in Gegen­wär­tigkeit ausstrahlende Bewusst­seinssonne. Rudolf Stein­er sagt: “Aber indem man dieses empfind­et, das Göt­tliche in sich, das göt­tliche Wel­tenfeuer als das Wesen des Men­schen aus ihm her­aus­flam­mend, … dann bringt das her­vor in dem Men­schen das innere Erleben des Geist-Erstrahlen­den, zu dem der Men­sch berufen ist im Wel­te­nall.” (GA 236, 250f) Und dieses Wel­tenwort ver­langt, die eige­nen Ziele, das, wofür der Men­sch arbeit­et und sich bemüht, mit dem Geis­tes­licht des Wel­tenwortes zu erfüllen. Der Men­sch soll nicht für leib­liche, ego­is­tis­che Ziele arbeit­en, nicht Zie­len nach­streben ohne höheren, geisti­gen Sinn. Er soll auf Ziele hinar­beit­en, die dem Wel­tenwort entsprechen, die im Sinne des Wel­tenwortes, des Schöpfer des Lebens sind. Das Wel­tenwort ruft den Men­schen auf, Mitschöpfer zu wer­den. Und dafür ist es nötig, den Weg dieses Schöpfers sel­ber zu gehen — sich zu opfern wie Chris­tus sich am Kreuz für die Men­schheit geopfert hat. Die eigene Egoität muss dafür über­wun­den wer­den. Paulus drückt es so aus: „Ich lebe, doch nun nicht ich, son­dern Chris­tus lebt in mir.“
– (Gal 2,20 LUT)

Die Geistestiefen (17 Q) spiegeln kon­trastierend mit den Zeilen der Arbeit (36 k), die Wel­tenweit­en (17 Q) mit dem Geisteslichte (36 k). Das erste Paar gehört zum Ich-Sprech­er, es sind seine Geis­testiefen und seine Arbeit­sziele. Das zweite Paar, die Wel­tenweit­en und das Geis­tes­licht, gehören zum Wel­tenwort. Men­schlich-geistiges soll sich mit Wel­tenwort-weltlichem erfüllen (17 Q), men­schlich-weltlich­es (Arbeit­sziele) mit Wel­tenwort-geistigem (36 k). Men­sch und Wel­tenwort sind inner­halb der Mantren gegen­sät­zlich aufeinan­der bezo­gen. Die let­zte Zeile zeigt die sich ergänzende Gegen­sät­zlichkeit bei­der Mantren. Im Mantra 17 Q soll der Ich-Sprech­er find­en, im Mantra 36 k opfern. Im Mantra 17 Q soll er das Wel­tenwort in sich find­en, im Mantra 36 k soll er sich durch das Wel­tenwort opfern.

Im Mantra 17 Q spricht der “große” Son­nengeist, der im Begriff ist, in den Men­schen bis in sein Erken­nen einzuziehen. Im Mantra 36 k spricht der “kleine” Son­nengeist, der sich im Men­schen offen­bart. Doch nur hier kann er seinen wahren Namen kund­tun: „Kein äußer­er Name kann «mich», dieses Wesen, benen­nen; ein ganz ander­er Name nur kann das aus­drück­en: «Ich bin der Ich-bin!» Es gibt keine Möglichkeit, woan­ders den Namen zu find­en des Son­nengeistes als in dem Men­schen. Das, was als Ich im Men­schen lebt, das ist das Chris­tus-Wesen.“ (Rudolf Stein­er, GA 109, S. 154)

Ergänzung: Pfingsten und die zehnte Hierarchie

Das Pfin­gst­fest ist in beson­der­er Weise mit dem Wel­tenwort ver­bun­den. Es wird der Jünger­schar mit Maria von außen zuteil in Gestalt der Feuerzun­gen, wie es das Mantra 17 Q schildert und es spricht aus dem Innern, wie es im Mantra 36 k geschieht. Rudolf Stein­er beschreibt, dass das Pfin­g­stereig­nis aus dem Leid, aus der Ver­lassen­heit nach der Him­melfahrt erst möglich wurde, denn die äußere Chris­tuswahrnehmung musste eine inner­liche wer­den — das sagen die bei­den Mantren: “Wahre, tiefe Erken­nt­nis wird aus dem Leid geboren. Und aus dem Leid, das aus dem Him­melfahrts­feste für die Jünger Christi sich ergeben hat, aus diesem tiefen See­len­lei­de ist das Pfin­gst­mys­teri­um her­aus­gewach­sen. Für das äußere instink­tive Hellse­hen der Jünger schwand der Anblick Christi dahin. Im Inneren ging ihnen die Kraft des Chris­tus auf. Der Chris­tus hat­te ihnen den Geist gesandt, der ihrer Seele möglich machte, sein Chris­tus-Dasein in ihrem Inneren zu erfühlen. Das gab dem ersten Pfin­gst­fest in der Men­schheit­sen­twick­elung seinen Inhalt. Es fol­gte auf das Him­melfahrts­fest das Pfin­gst­fest. Der Chris­tus, der für den äußeren hellse­herischen Anblick, wie er als Erb­schaft den Jüngern aus alten Zeit­en der Men­schheit­sen­twick­lung geblieben ist, ver­schwun­den war, trat am Pfin­gst­feste in dem inner­lichen Erleben der Jünger auf. Die feuri­gen Zun­gen sind nichts anderes als das Aufleben des inneren Chris­tus in den See­len sein­er Schüler, in den See­len sein­er Jünger. Das Pfin­gst­fest musste sich mit inner­er Notwendigkeit an das Him­melfahrts­fest anschließen.” (GA 226, S. 96f)

Fragt man sich, warum mit der Aufer­ste­hung, der Him­melfahrt und Pfin­g­sten jew­eils genaue Tagesab­stände angegeben sind, so kann sich fol­gende innere Notwendigkeit für das Pfin­gst­fest daraus ergeben: 40 Tage weilte der Chris­tus als Aufer­standen­er lehrend bei den Jüngern. Das auf die Him­melfahrt fol­gende Leid dauerte zehn Tage bis zum Pfin­gst­fest. Doch vor der Aufer­ste­hung tru­gen die Jünger eben­so Leid, denn Jesus Chris­tus war durch seine Kreuzi­gung und Grable­gung auch hier nicht anwe­send. Sehe ich ab von der Tra­di­tion die Zeit bis zur Aufer­ste­hung mit drei Tagen zu beze­ich­nen (es sind drei Tage betrof­fen) und schaue nach den Wochen­t­a­gen, so sind es zwei: Kar­fre­itag und Karsam­stag, in denen die Jünger so ver­lassen waren wie nach der Him­melfahrt. Betra­chte ich diese ins­ge­samt 52 Tage nun im Jahreskreis als Wochen, so ist es ein voll­ständi­ger Zyklus.

Auch die 12 und die 40 Tage sind sym­bol­isch bedeut­same Zahlen: die 12 Tage der Ein­samkeit weisen durch die Zwölfzahl auf die 12 Nacht­stun­den bzw. einen ganzen Umlauf der Uhr. Sie deuten auf Bewusst­sein­sentste­hung aus der Dunkel­heit — gle­ich dem Son­nenauf­gang. Die 40 Tage, in denen der Aufer­standene ätherisch den Jüngern erleb­bar war kor­re­spondieren mit den 40 Tagen, die Jesus Chris­tus nach sein­er Taufe im Jor­dan in der Wüste in Ein­samkeit ver­brachte, um die Ver­such­er zu über­winden. Die 40 weist durch die 40 Wochen der Schwanger­schaft auf einen Leibbildungsprozess.

52 Tage von der Kreuzi­gung bis Pfin­g­sten — ein voll­ständi­ger Jahreskreis — ein neues Weltenwort

Rudolf Stein­er beschreibt den Chris­tus zutief­st mit der Zeit ver­bun­den: “Indem wir zur Sonne hin­auf­blick­en, müssen wir an dem Son­nen­schein die für das Räum­liche ver­bor­gene Zeit erblick­en. Im Inneren der Sonne ist die Zeit. Und aus dieser im Inneren der Sonne weben­den Zeit her­aus ist der Chris­tus in den Raum hineingekom­men auf die Erde. Und was haben wir nun in dem Chris­tus auf der Erde? Wir haben in dem Chris­tus auf der Erde das­jenige, was sich von außer­halb des Raumes mit der Erde verbindet, was von außer­halb kommt.

… Da kam der Chris­tus und brachte den Men­schen wiederum das Zeitliche. Und indem sich das Men­schen­herz, die Men­schenseele, der Men­schengeist mit dem Chris­tus verbinden, gewin­nen sie wiederum den Strom der Zeit von Ewigkeit zu Ewigkeit.” (GA 236, S. 246ff)

Die Jünger erkan­nten den Chris­tus als die große Sonne im Zen­trum des Jahreskreis­es, als die sin­ner­schaf­fende Macht, das Wort, das im Fort­gang der Zeit, der Isis-Maira wirkt. Sie erlebten in der auf Erden sich aus­prä­gen­den Zeit das Urbild der Zeit-Raum, See­len­raum und schließlich irdis­chen Raum erschaf­fend­en geisti­gen Sonne.

Die Darstel­lun­gen der Isis, der Madon­na und Pieta drück­en diese geistige Sonne auf ihre Art aus. Sie sind aus pfin­gstlichem Bewusst­sein her­vorge­gan­gen — sie sind bildlich les­bares Weltenwort.

Und noch etwas: Mit dem näch­sten Spiegel­spruch-Paar wird der Son­nen­bere­ich ver­lassen und der Stern­bere­ich betreten. Im Vor­blick auf die bis Michaeli fol­gen­den neun weit­eren Mantren — neun Stufen von in Beziehung ste­hen­den Mantren, kön­nen die Wel­tenwort-Mantren als die zehnte Stufe — die “Men­schen-Stufe” ange­se­hen wer­den. Die fol­gen­den Stufen im Stern­bere­ich kön­nen in Beziehung geset­zt wer­den mit den neun himm­lis­chen Hierarchien.

Der Stern­bere­ich entspricht der Kro­ne des Weibes in der Apoka­lypse und der See­len­fähigkeit des Denkens. Eine Kro­ne drückt das aus, was über dem Men­schen ist, denn sie wird auf dem Kopf getra­gen — sie ist nicht der Kopf. So zeigt die Kro­ne, was in das Denken hinein­leuchtet. Das Denken ist dazu ver­an­lagt, das Höhere, den Him­mel zu spiegeln — so auch die neun Engel­hier­ar­chien in den kom­menden Spiegel­spruch-Paaren. Und durch diesen Gedanken wer­den die Wel­tenwort-Mantren 17 Q und 36 k als zehnte Hier­ar­chie sicht­bar. In ihnen spricht sich nicht nur der Gottes­sohn, die göt­tliche Schöpfer­ma­cht der großen Sonne aus, son­dern auch der Men­schen­sohn, die kleine Sonne des ausstrahlen­den Bewusst­seins. Das Son­new­er­den des Men­schen ist der Weg, zur zehn­ten himm­lis­chen Hier­ar­chie aufzusteigen, das Ziel der Men­schheit­sen­twick­lung zu erreichen.